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Starfotografin in geheimer Mission

Angelina Jolie und die Toten Hosen hatte Gabriele Oestreich schon im Fokus. Nun fotografiert sie in der Semperoper.

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Von Nadja Laske

Und jetzt einen Cappuccino. Oder lieber Sekt? Gabriele Oestreich überlegt. Von einem Shooting in der Semperoper ist sie zum Café an der Schinkelwache geeilt. Dort sitzt sie nun unterm Sonnenschirm. Einen langen Tag hatte die Fotografin. Die Welt kennt sie unter ihrem Künstlernamen: Gabo.

Er ist das Label auf Porträts von Kevin Costner und Eric Clapton, den Altkanzlern Helmut Schmidt und Gerhard Schröder, von Peter Ustinov, Nina Hagen, den Toten Hosen, Peter Maffay, Moritz Bleibtreu und Veronica Ferres. Für Spiegel und Stern, die Vogue und den Rolling Stone hat Gabo fotografiert. Erst jüngst Angelina Jolie. Und nun Courtney Richardson.

Die amerikanische Balletttänzerin ist Solistin an der Semperoper und war Model für einen Tag. Nicht im Tutu, sondern im neuen Debütantenkleid für den nächsten Semperopernball. Es wird der zehnte sein. Ein kleines Jubiläum also. Das lässt sich Ballchef Hans-Joachim Frey etwas kosten. Doch im Falle der Starfotografin Gabo hilft das nicht. Um sie zu engagieren, braucht es Kontakte und viel mehr noch ein beeindruckendes Projekt.

„Ich war noch nie in Dresden“, sagt Gabriele Oestreich und entscheidet sich für Kaffee. „Als ich heute Morgen auf dem Theaterplatz stand, kam mir die Kulisse vor wie aus einer anderen Zeit.“ Mit dem Handy habe sie Fotos von der Semperoper gemacht. „Das sah aus wie ein alter Stich, wunderschön!“ Vielleicht aus den 20er-Jahren. Damals lebte Gabos Urgroßvater in Dresden. Er sei Direktor des Hotels Bellevue gewesen, erzählt sie. Das habe sie erst am Morgen in einem Telefonat von ihrer Mutter erfahren.

Manchmal sind die Wege kurz. Der in die Semperoper führte über Hans-Joachim Frey, einst Intendant des Theaters Bremen. Dort hatte Gabo eine Ausstellung mit ihren Arbeiten. Die Frau, die die Klitschko-Brüder, Anne Will und Udo Jürgens fotografierte, ließ sich locken. Mit der „Oper der Welt“ aus der Zeit ihres Urgroßvaters, von dem die Mutter erzählte.

Nichts erzählen darf Gabo indes über das Kleid, in dem am 30. Januar rund 80 Debütantinnen an der Seite ihrer Tanzpartner den Ball eröffnen. Allenfalls, dass es rot sein wird. Bordeauxrot. Offiziell vorgestellt werden soll es erst Anfang Juli. Die Fotos, die Gabriele Oestreich gestern von der Ballerina in Robe machte, sollen sich auf Plakaten, im Buch zum Ball und auf der Website wiederfinden.

„Normalerweise brauche ich nur 15 bis 20 Aufnahmen von einem Motiv, dann weiß ich: Das ist es“, erzählt Gabo. In der Semperoper jedoch habe sie rund 600-mal ausgelöst. „Das Kleid fiel so schön und die Tänzerin ist von einer ganz eigensinnigen Schönheit.“ Die bleichen „Mozzarella-Gesichter“ der Laufsteg-Models reizen sie nicht. Auch wenn sie beim Fotografieren der Prominenten immer darauf achte, deren Schokoladenseite zu finden und sie besonders gut aussehen zu lassen. Wenn sie nur von einer bestimmten Seite dargestellt werden wollen, lasse sie das gelten. „Gerade Schauspieler kennen schließlich ihr Gesicht lange und gut genug.“ Auch sie selbst will sich gut in Szene setzen, wenn ein Kollege sie in den Fokus nimmt. „Ich habe früher als Model gearbeitet, seitdem bin ich kamerageschädigt.“ Die Linse auf sich gerichtet, ertrage sie am besten stark geschminkt oder verkleidet.

Im privaten Leben ist Gabo lieber der „Bauerntyp in Reitstiefeln“. Zum Semperopernball jedoch will sie sich dem Dresscode beugen und im langen Kleid erscheinen, vielleicht begleitet von ihrer ganz neuen Liebe, deren Namen sie nicht verraten mag. Der Ball sei ihr übrigens ein Begriff: „Das ist doch der, wo die Gäste sogar auf dem Feld tanzen.“ Feld, na ja, eher auf einem Platz, dem Theaterplatz, erklärt Hans-Joachim Frey und Gabo lacht. Dann gibt sie sich einen Ruck, die Fotojournalisten warten und wollen sie vor der Semperoper ablichten. Gabo ist weder stark geschminkt noch verkleidet und sie besteht auf ihrer Schokoladenseite.