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Fängt die Schule bald später an?

Weil die Bahn den Fahrplan ändert, muss der Busverkehr neu geplant werden. Das könnte morgendliche Abläufe in vielen Familien durcheinander bringen. 

Von Anja Beutler
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Wann wird die Uhr zum Schulbeginn für die Schüler des Löbauer Gymnasiums bald läuten? Durch neue Busverbindungen muss sich manches ändern.
Wann wird die Uhr zum Schulbeginn für die Schüler des Löbauer Gymnasiums bald läuten? Durch neue Busverbindungen muss sich manches ändern. © Matthias Weber

Torsten Berndt, Schulleiter des Löbauer Geschwister-Scholl-Gymnasiums, hält sich momentan lieber bedeckt. Ja, er hat zu Beginn des Schuljahres die Eltern informiert, dass sich der Schulstart in seinem Haus bald verschieben könnte. Aber mehr weiß er derzeit noch nicht - und da geht es ihm wie allen anderen Schulleitern im Landkreis. Dabei hat der Grund für die Aufregung sogar einen Termin: Mitte Dezember stellt die Bahn ihren Fahrplan um. Und da der sich diesmal gravierend ändert, muss der gesamte Busverkehr neu geordnet werden. Das betrifft natürlich auch die Linien, über die der Schülerverkehr läuft.

Warum aber ist derzeit so wenig über eine Änderung bekannt, die die Morgenroutine so vieler Familien durcheinanderwirbeln könnte? Warum hat der Kreis nicht inzwischen Konkreteres parat? "Weil wir die Schulbusse noch nicht zeitgleich zu den Änderungen des Zugfahrplanes umstellen werden", erklärt die zuständige Dezernentin Heike Zettwitz im SZ-Gespräch. Das war zwar das eigentliche Ziel, deshalb haben die Schulleiter auch vor einigen Monaten schon eine Info bekommen. Doch weil unter anderem Fahrplanzeiten lange nicht vorlagen, rechtliche Dinge unklar waren, neue Busse bestellt und Konzessionen für neue Linien beantragt werden müssen, hat der Landkreis jetzt die Notbremse gezogen.

Man passe jetzt zunächst mit kleinen Korrekturen den Schülerverkehr so an, dass trotz neuem Zugfahrplan alles funktioniert, erklärt Enrico Museal, Schülerverkehr-Planer beim Kreis. "Für den Schülerverkehr sind die Zugverbindungen aber auch gar nicht so ausschlaggebend: 95 Prozent der etwa 11.000 Schüler, die wir befördern, nutzen den Bus", betont auch Heike Zettwitz. Wie das aber bei den Berufspendlern aussehe, wenn ab Dezember die Busse mit den Zügen nicht mehr harmonieren, kann noch niemand abschätzen - schlicht weil niemand weiß, wer wann mit dem Bus mitfährt und welchen Zug erreichen will.

Harmonie soll es dann ab dem neuen Schuljahr - also ab Herbst 2020 geben. Dann sollen Busse und Züge im Einklang fahren. Das zusammenzufügen ist die Aufgabe von Enrico Museal. Dreh- und Angelpunkt für seine Rechnungen und Planungen ist dabei Zittau: Hier werden die Züge künftig zu den vollen Stunden abfahren. Das ist Teil des neuen Taktsystems im Freistaat. Die Busse vom und zum Zittauer Bahnhof müssen also kurz vor und kurz nach der vollen Stunde ankommen beziehungsweise abfahren. "Diese halbe Stunde ist dann auch für die Schulanfangszeiten relevant", erklärt Museal und macht es  gleich am Zittauer Beispiel plastisch: "Wenn die Busse in Zittau sieben Uhr ankommen, könnte die Stunde am Zittauer Gymnasium künftig gegen 7.20 Uhr oder aber 8.20 Uhr anfangen. Jetzt starten die Gymnasiasten 7.45 Uhr.

Wann genau es zur ersten Stunde klingelt, entscheiden die Schulleiter selbst. Sie müssen dabei aber auf vieles Rücksicht nehmen, erklärt Norbert Worofka, Schulleiter der Ebersbacher Andert-Oberschule, und nennt ein Beispiel: "Wir nutzen gemeinsam mit der Förderschule die Turnhalle. Wenn unsere Stundenzeiten nicht zueinander passen, funktioniert das ganze System nicht mehr", erklärt er. Bislang starten die Ebersbacher sehr früh um 7.15 Uhr. Viel weiter nach vorn rücken, wird der Schulleiter kaum können, wenn die Änderungen im Busfahrplan greifen. "Laut Schulgesetz soll der Stundenbeginn zwischen 7.30 Uhr und 9 Uhr liegen", erklärt auch Verkehrsplaner Museal.

Doch nicht nur der Verkehrsplaner des Landkreises sitzt derzeit vor einem großen Puzzle. Auch den Chef der Kraftverkehrsgesellschaft Dreiländereck, Alfons Dienel, treibt die Umstellung auf das neue, sachsenweite System aus Plusbus und Taktbus schon seit Monaten um: "Das wird eine Revolution", sagt er. Denn es geht ja nicht nur um eine bessere Verknüpfung von Bahn und Bus, sondern auch um ein besseres Angebot, um mehr und längeren Busverkehr auf wichtigen Strecken. "Allein im Süden des Kreises werden wir nach der Umstellung 350.000 Kilometer pro Jahr mehr fahren, im gesamten Kreis eine Million Kilometer mehr", sagt Dienel. Dazu braucht er mehr Busse und mehr Personal. Allein am Wochenende waren bislang 34 Dienste einzuteilen, künftig werden es 71 sein. Dadurch - das bekräftigt auch Dezernentin Heike Zettwitz - sollen mehr Pendler wieder beim öffentlichen Nahverkehr einsteigen und auch Berufsschüler Moped oder Auto häufiger stehen lassen können.

Einen ersten Test, wie ein solches neues Busnetz aussehen wird, erprobt  der Kreis bereits: "Im Zittauer Gebirge haben wir das für den Wochenend- und Ferienverkehr schon einmal so angelegt", erklärt Enrico Museal. Das Wochenende habe man gewählt, weil eben da nicht der Schülerverkehr dranhänge. Erstes Fazit: Es funktioniert im Kleinen. Bis alles auch im Großen und mit Schülerverkehr Gestalt annimmt, stehen noch viele Gespräche mit Bürgermeistern und Schulleitern an, ist sich Heike Zettwitz sicher. Im Frühjahr 2020 muss alles geplant sein, damit die letzten Genehmigungen beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr beantragt werden können, um ab Herbst 2020 zu starten. "Dann wird der neue Busfahrplan vielleicht in manchen Familien auch die morgendlichen Stoßzeiten im Bad entzerren", sagt Heike Zettwitz und lacht.

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