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Statt einer Kirche wurde zur Ehrung ein Denkmal gebaut

Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. (1797 bis 1888) entstand auch in Görlitz der Wunsch, diesem Monarchen ein ehrendes Gedenken zuteilwerden zu lassen. Es wurde ein Ausschuss gebildet,...

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Von Erich Feuerriegel

Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I. und Friedrich III. (1797 bis 1888) entstand auch in Görlitz der Wunsch, diesem Monarchen ein ehrendes Gedenken zuteilwerden zu lassen. Es wurde ein Ausschuss gebildet, dem unter anderem Graf von Fürstenstein, Oberbürgermeister Reichert, Fabrikdirektor Behnisch, Justizrat Bethe, Hofmarschall Freiherr von Buddenbrock, Fabrikbesitzer Conti, Kammerherr Kommerzienrat Ephraim, Laubans Landrat Hengstenberg, Fabrikbesitzer Bruno Hoffmann, Kaufmann Katz, Stadtbaurat Kubale, Landgerichtspräsident Oberjustizrat Lampugnani, Tischlermeister Lätsch, Rothenburgs Landrat von Lucke, Kreisphysikus Dr.Meyhöfer und der Wiesaer Rittmeister von Wiedebach-Nostiz angehörten.

Reitermal vor Ruhmeshalle

Lange Zeit konnte man sich zur Form der Ehrung nicht einigen. Als Vorschläge standen die Errichtung eines Reiterstandbildes, der Bau einer Ruhmeshalle oder einer evangelischen Kirche zur Debatte. In einer Versammlung am 9. November 1888 entschied man sich schließlich für das Reiterstandbild.

Für den zu diesem Zweck eingerichteten Denkmalfonds stellten die Landstände des preußischen Markgrafentums Oberlausitz insgesamt 60000 Mark zur Verfügung, während die Stadt Görlitz 40000 Mark beisteuerte. Durch weitere freiwillige Beiträge erhöhte sich der Fonds bis zum Abschluss der Sammlung am 9. Mai 1892 auf 179259 Mark. In einer Sitzung vom 19. Januar 1889 traf man die Entscheidung, dieses Standbild auf der Westseite des Obermarktes aufzustellen. Der Bildhauer Professor Johannes Pfuhl aus Charlottenburg wurde mit der Anfertigung eines Modells beauftragt, welches vom 6. bis 14. Juli in einer Ausstellung im Görlitzer Ständehaus zu sehen war und allgemeine Zustimmung fand.

Am 15. März 1893 erfolgte die Grundsteinlegung, und im Juni gleichen Jahres begannen die Fundamentierungsarbeiten. Der Guss der 4500 Kilogramm schweren Reiterfigur sowie der 682 und 628 Kilogramm schweren Bismarck- und Moltkefiguren wurde in den gräflichen Einsiedelschen Werken Lauchhammer in sogenannter Künzelscher Phosphorbronze ausgeführt. Diese soll durch Schönheit der Farbe und eine prachtvolle Patinabildung gekennzeichnet sein.

Das 11,5 Meter hohe, von einem gusseisernen, geschmückten Gitter umschlossene Denkmal wurde am 18. Mai 1893 eingeweiht. Zugegen war bei diesem Zeremoniell eigens der Kaiser Wilhelm II., der mit großem Pomp und unter dem Jubel der zahlreich erschienenen Görlitzer Bürger empfangen worden war.

Roon weicht Wilhelm

Das weit über Lebensgröße ausgeführte Standbild Kaiser Wilhelm I. in Generalsuniform befand sich auf einem sieben Meter hohen Sockel aus schlesischem Granit, dessen Nord- und Südseiten von den Figuren Bismarck und Moltke begrenzt wurden. Die Steine zum Unterbau waren aus grauem Granit. Eine auf der Vorderseite befindliche Kartusche mit dem Namen des Kaisers trug die Kaiserkrone.

Die Seitenflächen waren durch einen Fries mit Lorbeergehängen geschmückt, in deren Haltern sich die Kornblume befand. Die Rückseite schließlich zierten die Wappen der Oberlausitz und der Stadt Görlitz. Darunter befand sich die Inschrift: „Dem Einiger Deutschlands – die getreue und dankbare preußische Oberlausitz 1893.“

Da im Juni 1939 am Obermarkt umfangreiche Sanierungsarbeiten begannen, erfolgte bereits zuvor am 11. Mai eine Umsetzung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf den Wilhelmsplatz, wofür dort wiederum das Denkmal des Grafen von Roon weichen musste.

Neben anderen Görlitzer Denkmalen fielen auch diese beiden Denkmale letztlich der Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. Sie wurden abgerissen und eingeschmolzen.