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Steinkreuz ist mehr als nur Namensgeber

Eine Straße im Dorf heißt „Zum Steinkreuz“.Die SZ wollte wissen, wie sie zu ihrem Namen kam.

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Von Karin Grießbach

Zahlreiche bis dato unbekannte Details aus der über 800-jährigen Geschichte von Reinhardtsgrimma fanden Günter Braun und seine Mitstreiter vom örtlichen Heimatverein bei den Recherchen für ihre 2006 herausgegebene Chronik in alten Dokumenten. Wer jenes alte Steinkreuz aufstellte, das einer kleinen Straße, die am ehemaligen Spritzenhaus von der Hauptstraße abzweigt, ihren Namen gab, konnten die Heimatfreunde jedoch nicht herausfinden. Im Dunkeln blieb bis heute ebenfalls, aus welchem Grund und wann das Kreuz an diesen Platz kam.

„Als Kind bin ich mit meinen Freunden oft auf der Linde herumgeklettert, die gleich neben dem Kreuz steht“, erzählt Bernd Bormann und erinnert sich ebenfalls noch an eine kleine Bank, die unter dem Baum stand. Der Biobauer ist der letzte von einst zwölf Bauern auf der Straße, der noch von der Landwirtschaft lebt.

Futter wird selbst angebaut

Zusammen mit seinem inzwischen verstorbenen Vater Erich wagte er nach der Wende als Wiedereinrichter einen Neubeginn. Wie lange er angesichts ständig sinkender Milchpreise das Futter und die Tierarztkosten für seine 35 Milchkühe noch bezahlen kann, weiß Bernd Bormann jedoch nicht. Den größten Teil des Futters für seine Tiere baut der Landwirt selber an. Moderne Bodenbearbeitungsmaschinen könnten ihm die Arbeit auf den Feldern wesentlich erleichtern und effektiver machen. Für solche Investitionen fehlt jedoch das Geld.

„Weißt du noch, was auf der Tafel neben dem Steinkreuz stand?“, fragt Bernd Bormann seinen Nachbarn Günter Böhme. Der 73-Jährige wohnt ebenfalls auf einem ehemaligen Bauernhof und kann seine bäuerlichen Vorfahren über sieben Generationen bis 1823 zurückverfolgen. Beide Männer sind in ihrer Jugend oft an dem Schild vorbei gegangen, von dem heute nur noch vier deutlich sichtbare Löcher im Stein vorhanden sind. Die Aufschrift ist ihnen jedoch nicht im Gedächtnis geblieben. „Bilder von der Tafel gibt es leider nicht“, bedauert auch Witold Donath vom Heimatverein Reinhardtsgrimma. Den genauen Wortlaut konnten die Vereinsmitglieder deshalb bisher noch nicht rekonstruieren. Sie vermuten jedoch, dass es wohl um die generelle Bedeutung von Steinkreuzen ging, von denen es im Osterzgebirge noch mehrere gibt.

Bauerngut ist zu erkennen

Die Anordnung der Gebäude lässt auch bei dem Anwesen, in dem Gottfried Zeibig mit Ehefrau Roswitha, Schwester Helga Domscheit und ihr Mann Werner wohnen, das ehemalige Bauerngut noch deutlich erkennen. Großvater Gustav Zeibig ließ die Gebäude 1885 errichten. „Hier in diesem Raum kam ich 1942 zur Welt“, erzählt der Sachverständige für Landwirtschaft. „Pferde liebte mein Vater besonders“, erinnert sich der Bauernsohn noch gut an seine Kindheit und Jugend mit Pferden, Kühen, Schweinen und Hühnern. Wie die Nachbarn, mussten auch seine Eltern Anfang der 1960er-Jahre alle Felder und kurze Zeit später auch ihre Tiere in die neu gegründete Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) einbringen.

Seit 1894 wohnt die Familie von Stefan Hamann bereits auf dieser Straße. Der Urgroßvater Karl Künzel war Arzt und hatte im heutigen Wohnhaus der Familie seine Praxis. Nun schon in der dritten Generation führt Stefan Hamann erfolgreich jene Baufirma weiter, die Großvater Edgar Hamann 1931 gründete. „Den Namen ‚Zum Steinkreuz‘ bekam unsere Straße jedoch erst im Zuge der Gemeindegebietsreform Anfang der 1990er-Jahre“, erzählt Hamann. Früher hatten seine Firma und das benachbarte Wohnhaus die Adresse „Obere Straße“. Da es diese Bezeichnung in der Gemeinde mehrfach gab, bekam die Straße den neuen Namen.