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Stillstand auf den Gleisen

„Oh.“ Ein einziges Wort nur kommt aus dem Munde von Marleen Matthees zur Nachricht vom heutigen Lokführerstreik zwischen 6 und 7 Uhr. Dazu aufgerufen hat die Gewerkschaft der Lokführer (GDL), bundesweit und flächendeckend.

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Von Constanze Matthes

„Oh.“ Ein einziges Wort nur kommt aus dem Munde von Marleen Matthees zur Nachricht vom heutigen Lokführerstreik zwischen 6 und 7 Uhr. Dazu aufgerufen hat die Gewerkschaft der Lokführer (GDL), bundesweit und flächendeckend. Marleen ist überrascht und legt einen leicht fragenden Unterton in ihr „Oh“. Die Studentin aus Riesa fährt jeden Morgen in die Landeshauptstadt zum Praktikum. „Da weiß ich gar nicht, wie ich nun dahin komme. Es gibt ja kaum Möglichkeiten“, erzählt die junge Frau.

Schlechte Zeiten also für die morgendlichen Pendler. 45 Minuten soll heute laut GDL kein Zug rollen. Die Bahn AG warnt deshalb vor massiven Behinderungen im Berufsverkehr. Auch im Landkreis könnten sich Bahnreisende auf Wartezeiten einrichten. „Wenn überall die Züge nicht fahren, sind auch die Bahnhöfe in Riesa und Großenhain betroffen“, sagt Kerstin Eckstein, Pressesprecherin der Bahn AG.

Anschlusszüge

vermitteln

Voraussichtlich werde sich der Bahnverkehr erst gegen 10 Uhr normalisieren, da auch mögliche Anschlusszüge außerhalb der 45 Minuten betroffen wären. Die Gewerkschaft fordert für Lokführer und Zugbegleiter drei Prozent mehr Lohn und Gehalt. Das Service-Team auf dem Bahnhof Riesa wird versuchen, den Einfluss des Streikes auf die Reisenden so gering wie möglich zu halten: „Unsere Mitarbeiter werden sich um die Kunden kümmern und Anschlusszüge vermitteln“, versichert Roland Frank vom Service-Team Riesa. Schon seit Anfang der Woche ist der Streik bei der Bahn vor allem in den Großstäden, wie beispielsweise Leipzig, zu spüren gewesen. Die eigentlich Betroffenen, die Bahnreisenden, schwanken zwischen Einsicht und Unverständnis. „Sie können doch froh sein, dass die Angestellten bei der Bahn überhaupt Arbeit haben. Wegen ihnen kommen nun andere zu spät zum Job und können dadurch womöglich Probleme bekommen. Wer soll denn die Tariferhöhungen bezahlen, letztlich streichen sie womöglich trotzdem Stellen“, schimpft eine Pendlerin aus Gröditz.

Irene und Gottfried Hummitzsch, ein Rentnerehepaar aus Döbeln, das auf dem Riesaer Bahnhof auf den nächsten Zug nach Hause wartet, klagt sowohl über die allgemeine Arbeit der Bahn als auch die Zustände in den letzten Tagen während des Streikes: „Wir wurden Gott sei Dank verschont, aber für die anderen Reisenden ist es nicht sehr schön, wenn sie so lange warten müssen. Wir fahren sehr oft mit dem Zug und haben festgestellt, dass überhaupt der ganze Service und die Freundlichkeit des Personals zu wünschen übrig lassen.“ Marleen Matthees reagiert gelassen, obwohl sie noch nicht weiß, wie sie am Morgen nach Dresden kommt. „Es ist schon gerechtfertigt, auch wenn der Streik vielleicht auch zu einem anderen Zeitpunkt, beispielsweise mittags, wirken könnte. Aber es streiken schließlich die Angestellten und nicht die Manager. Denn die Mitarbeiter werden kaum etwas haben von den letzten Preiserhöhungen.“