Von Gabriele Naß
Der echte Dresdener Stollen, den man daran erkennt, weil er ein vom Schutzverband Dresdener Stollen verliehenes Siegel trägt, ist mit Butter gebacken. Nicht wie um 1530, als er noch Fastengebäck war. Damals musste Rübenöl verwandt werden. Dass es erst eines Gesuches damaliger Herrschaften im Sachsenlande an den Papst bedurfte, Stollen mit Butter backen zu dürfen, war eine der Erfahrungen, die Teilnehmer der Senioren-Uni im Kulturhaus Bischofswerda gestern Nachmittag mit nach Hause nahmen. – Joachim Strauß von der Großbäckerei Reimann in Dresden sparte aber auch mit praktischem Wissen rund um eines der Nationalgebäcke der Sachsen nicht – auch weil die meisten Fragen der Uni-Gäste in diese Richtung gingen. Zu notieren war: Stollen wird mit sehr gutem Mehl gebacken, sonst ist er kein guter, weil er zusammenfällt. Damit er weniger schnell austrocknet, wird er in der Mitte angeschnitten. Wer Wert auf Schwere und Feuchtigkeit beim Stollen legt, kauft lieber einen halben großen als einen ganzen kleinen. Am besten gelagert wird Strietzel bei 14 Grad. Ein kühler Keller tut es da oder auch der Balkon.
Er habe ihn schon im Fußballkoffer unter der Balkonbank verstaut, erzählte Joachim Strauß. Fünf Jahrzehnte ist der Mann im Bäckereigeschäft tätig. Früher wirkte er auch an Bischofswerdas ehemaliger Back-Fischermühle mit, heute bringt er zusammen mit dem Eigentümer die Großbäckerei Reimann Dresden/Chemnitz voran. Weil er so viel Erfahrung hat, war er um keine Antwort verlegen. Nur eine Sache blieb sein Geheimnis: Wie bei Reimann der Echte Dresdener Stollen gebacken wird. Dennoch griffen an dieser Stelle die meisten Zuhörer zu Zettel und Stift und notierten die Mindestrezeptur für Stollen, der das Siegel Echter Dresdener tragen darf: 100 Prozent Mehl, 50 Prozent Butter, 65 Prozent Sultaninen, 20 Prozent Orangeat und Zitronat, 15 Prozent Mandeln, süße und bittere. An seiner Seite hatte Back-Altmeister Strauß August den Starken, den der Dresdener Schauspieler Steffen Urban gab – erzählfreudig, witzig, interessant. Der Sachsenkönig wusste nur eine Frage aus dem Publikum t nicht zu beantworten: „Wurde der Stollen bei Hofe auch schon lange, so wie heute, vor Heiligabend angeschnitten?“ – Im Kreise der Besucher kamen Kindheitserinnerungen auf. Das Stollenbacken hat in vielen Familien Tradition. Nicht nur Frauen interessierten sich darum. Der 60-Jährige Zuhörer aus Neschwitz hat sich Eintrittskarten für alle vier Veranstaltungen der Senioren-Uni bis zum Frühjahr 2008 gekauft. „Ich muss auch mal hinterm Scheunentor vorkommen. Was ich heute hier gehört habe, war weihnachtlich wohltuend“, sagte der Rentner.