Von Nina Glutsch
Ein lang gezogenes Donnern und tiefes Grollen – das hörte Familie Pfeifer in ihrem Haus in der Lucas-Cranach-Straße auf dem Sauberg in Freital während der vergangenen Wochen immer wieder. Sigrid Pfeifer hatte zuerst die Gartenarbeiten ihres Mannes unter Verdacht, wenn sie abends im Wohnzimmer saß und es rumpelte. Doch die Geräusche traten auch in den frühen Morgenstunden auf. Sie begann sich zu fragen, ob das mit dem Bau des Wismut-Stollns zusammenhängen könnte. Zumal ihre Tochter, die im ersten Stock des Hauses wohnt, auch schon ein leichtes Vibrieren gespürt habe.
Der 2,9 Kilometer lange Wismut-Stolln verläuft unmittelbar unter dem Stadtgebiet in 60 Metern Tiefe. Er soll künftig den Schacht 3 in Dresden-Gittersee und den Tiefen Elbstolln in Zauckerode verbinden. Ende September 2010 hatte die Wismut insgesamt 1000 Meter Vortrieb erreicht. Bei den Arbeiten der Bergleute treten Erschütterungen auf – es wird schließlich gesprengt, erklärt Carsten Wedekind von der Wismut-Niederlassung Königstein. Er bestätigt, dass die Sprengungen unter Tage bei den Anwohnern zu hören sind.
Der Stollen-Vortrieb läuft momentan parallel zur Lucas-Cranach-Straße, zu der Straße also, in der Familie Pfeifer wohnt. Zwischen sechs und 22 Uhr täglich, mit Ausnahme vom Wochenende, dürfen die Kumpel unter Tage „schießen“. Dabei kann es bis zu drei Sprengungen am Tag geben.
Sprengungen sind überwacht
Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich Anwohner bei der Wismut nach den Geräuschen erkundigen, sagt Wedekind. Er habe Verständnis dafür. „Aber wir messen und überwachen die Sprengungen, da kann nichts passieren,“ versichert er. Dazu hat die Wismut immer zwei Erschütterungs-Messgeräte direkt über der Baustelle über Tage platziert. So überprüft sie, ob die Erschütterungen an der Oberfläche noch in dem zulässigen Bereich von bis zu 8,7 Millimeter pro Sekunde liegen. „Zur Zeit sind wir bei einem Millimeter pro Sekunde“, sagt Wedekind. Also noch weit unter dem Grenzwert. Zur Sicherheit hatte man beispielsweise bei den Arbeiten unter der Porzelline weniger Sprengstoff verwendet, damit das Porzellan heil bleibt.
Nun haben er und sein Kollege Thomas Lay eines der Messgeräte im Haus der Pfeifers installiert. Das Gerät muss an einem ruhigen Ort im Keller untergebracht sein. Schnell war ein passender Platz auf dem Kellerboden unter Vorratsregalen gefunden. Sobald jetzt gesprengt wird und das Messgerät Erschütterungen aufzeichnet, bekommen die Wismut-Leute die Daten per SMS aufs Handy geliefert. Die Kurznachricht zeigt Ort, Zeit und das Maximum der Sprengspitzen an. So kann das Unternehmen jederzeit eingreifen, sollte die Erschütterung einmal über dem Grenzwert liegen. Etwa alle zwei Wochen werden Wedekind und sein Kollege bei Familie Pfeifer vorbeischauen und die aufgezeichneten Daten mit einem Laptop auslesen. Wedekind erklärt den Pfeifers, dass das Grollen in den nächsten sechs Monaten noch lauter werden wird, je näher der Stollen-Vortrieb an ihrem Grundstück vorbeiführt. „Auch die Erschütterungen werden noch stärker spürbar“, sagt er. Grund zur Sorge sei das nicht.
Fertigstellung in drei Jahren
Ursprünglich sollte der Entwässerungs-Stollen bereits 2009 fertig gestellt sein. Doch die Wismut hatte unter Tage immer wieder mit geologischen Problemen zu kämpfen, sodass der Vortrieb langsamer als geplant erfolgte. Inzwischen laufen die Arbeiten wieder besser. 2013 soll der Stollen nun fertig sein. „Nach den Gegebenheiten unter Tage sind wir optimistisch“, erklärt er. Auch Familie Pfeifer ist zufrieden. „Das ist geklärt und wir sind jetzt beruhigt. Immerhin wissen wir, womit die Geräusche zusammenhängen“, sagt Sigrid Pfeifer.