Von Peter Schmieder
Der Angeklagte, 42 Jahre, Schnauzbart und lange Haare, wird in Handschellen ins Döbelner Amtsgericht geführt. Noch bis Anfang 2013 sitzt er wegen eines Drogendelikts in der Justizvollzugsanstalt Waldheim ein. Dort soll er vor dem 9. Juni 2011 seinem Ex-Zellengenossen ein Handy überlassen haben, strafbar als „Unbefugter Verkehr mit Gefangenen.“ Beim Knast-Kumpel wurde das Telefon gefunden. Der verriet seinen ehemaligen Zellengenossen. „Unter Tränen“, so der als Zeuge geladene Vollzugsbeamte. Gegen den Angeklagten wurde ein Strafgeld ausgesprochen. Dagegen hatten er und Verteidiger Udo Freier Einspruch eingelegt. „Er bestreitet den Vorwurf“, so der Anwalt. Mit dem Handy habe er nichts zu tun.
Pikant: Der 46-Jährige Hauptbeslastungszeuge und Ex-Zellengenosse ist ein verurteilter Sexualstraftäter, 2008 hatte sein Prozess in Dresden für Schlagzeilen gesorgt. Mit der damals 13-Jährigen Stieftochter habe der Mann zwei Kinder gezeugt.
„Ich will den Namen hier nicht nennen“, so der Dresdner, der nach drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis nun wieder auf freien Fuß ist. Richter Ehrlich drohte dem Zeugen mit Erzwingungshaft, als Zeuge habe er die Pflicht zur Wahrheit. Schließlich die kleinlaute Wende: „Ja. Er hat mir das Handy gegeben“, so der 46-Jährige.
Zeuge stand vor Entlassung
Nur wie glaubwürdig war diese Aussage? Der Vollzugsbeamte, der den Ex-Häftling noch aus dem Gefängnis kennt, sagt: „Er hat nicht immer die Wahrheit gesagt.“ Selbst bei Kleinigkeiten im Vollzugsalltag habe er gelogen. Hatte er den Mithäftling angezinkt, um seine näher rückende Entlassung nicht zu gefährden? Im Gefängnis selbst hatte er nur eine fünftägige Disziplinarstrafe erhalten. „Der will es mir in die Schuhe stecken“, so der Angeklagte in seinem Schlusswort. Richter Ehrlich hatte da so seine Zweifel. O-Ton Ehrlich: „Es gehört schon viel dazu, jemanden im Knast anzuschwärzen.“ Ohne Grund habe er seinen Namen nicht genannt. Trotzdem spricht er den Angeklagten frei. Es blieb kaum eine andere Wahl. Die Glaubwürdigkeit und das Aussage des Hauptzeugen und Ex-Sträflings seien zweifelhaft.