Von M. Soehring und T. Alexe
Bernhard Lautenbach strahlt. Der blonde junge Mann ist der Charme in Person. „Wenn man freundlich ist, bleiben die Leute auch stehen“, sagt Bernhard. Der 23-Jährige ist Öffentlichkeitsarbeiter in Sachen Umwelt. Für den Naturschutzbund Deutschland e.V. – kurz Nabu – wirbt er auf der Prager Straße Interessenten. Mit wechselndem Erfolg. „Eigentlich habe ich keine Zeit, aber bei dem charmanten Lächeln bin ich dann doch stehen geblieben“, sagt Romy Leuschner. Geduldig lässt sie sich von Bernhard die verschiedenen Nabu-Projekte erklären, Mitglied wird sie trotzdem nicht. „50 Euro Jahresbeitrag sind mir als Azubi zu viel“, sagt Romy.
Ein paar Meter weiter steht Torsten Reichelt. Anders als die vier smarten Nabu-Jungs hält sich der arbeitslose Arzt zurück. „Ich stehe einfach nur hier“, sagt Reichelt. Nur wenige Passanten interessieren sich für die Botschaft des 39-jährigen Christen: Innehalten und Umdenken für die Zukunft der Menschheit. „Anfangen kann jeder nur bei sich selbst, deshalb bin ich immer noch da“, sagt Reichelt. Doch nicht jedem gefällt seine Mission: „Gestern wurde ich mal wieder als Kommunistenschwein beschimpft“, sagt Reichelt. Ein Idealist mit Ausdauer und dickem Fell.
Beides braucht auch Manfred Czelinski. Für das Marktforschungsinstitut GWS holt er passende Testpersonen von der Straße. Seit 1996 steht er hier, jeden Tag acht Stunden lang: Herren sollen Whisky testen, Damen neue Pasta-Saucen. Ein mühsames Geschäft: 200 bis 300 Leute sprechen er und seine Kollegen täglich an, rund 40 lassen sich zur Teilnahme an einer Studie überreden. Czelinski: „Wenn jemand keine Zeit hat, verstehe ich das. Ich ärgere mich aber über arrogante Menschen, die meine Arbeit missachten. Und über unseriöse Anbieter hier auf der Prager .“
Zählt dazu die organische Christus-Generation? Unlängst hatte der Sektenbeauftragte der Landeskirche vor der Gruppierung, die auf der Prager für ein Musical warb, gewarnt. Doch Baubürgermeister Herbert Feßenmayr sieht es gelassen: „Die waren im vergangenen Jahr schon da. Damals hatte es keine Beschwerden gegeben.“ Der CDU-Politiker ist als Dienstherr über das Straßen- und Tiefbauamt verantwortlich für die Standvergabe. „Im Prinzip kann jeder so etwas anmelden“, sagt er. Ein fünf Quadratmeter großer Stand kostet rund zwei Euro am Tag, ein Imbiss täglich fünf. „Verhindern können wir nur etwas, wenn die öffentliche Ordnung gefährdet wird“, sagt Feßenmayr. Das sei aber die Ausnahme. Und: Die so genannte Sondernutzungssatzung sieht eine Belebung der Straßen durch Stände und Aktionen ausdrücklich vor.
Reichlich Abwechslung ist vorhanden und das Geschäft ist hart: „Hier gibt es einfach zu viele Stände, da will kaum noch einer unterschreiben“, beklagt sich die genervte Truppe von der Tierschutzliga.