Von Jens Fritzsche
Zugegeben, uns Journalisten wird etwas fehlen! Denn demnächst können wir wohl nicht mehr über skurrile Verwechslungen in Sachen Straßennamen aus Radeberg berichten. Nicht mehr, dass zum Beispiel vor einem Privatgrundstück an der Hauptstraße 62 im Ortsteil Liegau plötzlich japanische Touristen stehen, die hier das Hotel Kaiserhof suchen. Das ist nämlich auf der Hauptstraße 62 zu finden – allerdings in Radeberg, nicht in Liegau. Schuld ist die gleiche Postleitzahl 01454 für alle Radeberger Ortsteile – und immerhin 27 mehrfach vergebene Straßennamen.
Das liest sich zwar lustig – aber nicht für jeden ist es das letztlich auch. Nicht nur Gewerbetreibende sind zunehmend genervt, dass sie länger auf wichtige Post warten müssen oder dass sich Touristen regelmäßig verfahren. So wartete beispielsweise jüngst Radebergs Likörfabrikchef Thomas Tiebel an der Radeberger Hauptstraße auf einen Touristenbus, der nur wenige Meter von der Radeberger Brauerei zu ihm brauchen sollte – gelandet waren die Touristen letztlich aber im Ortsteil Ullersdorf. Das Navigationssystem des Busses hatte verrückt gespielt… Und letztlich machten auch die Rettungsdienste Druck. Was, wenn ein Rettungsfahrzeug mal zur falschen Hauptstraße fährt?
Also entschied letztlich eine Stadtratsmehrheit, dass neue Straßennamen her müssen. Auch die Ortschaftsräte in Ullersdorf und Liegau waren dieser Meinung. Nur in Großerkmannsdorf hatte sich lautstarker Widerstand gewehrt. Umso mehr staunte Großerkmannsdorfs Ortsvorsteher Harry Hauck (Freie Wähler) während der jüngsten Sitzung des Ortschaftsrats: „Innerhalb von zehn Minuten haben wir jetzt das Dorf umgekrempelt“, sagte er augenzwinkernd. Denn soeben hatten die Ortschaftsräte ohne große Debatten die umzubenennenden Straßen im Ort mit neuen Namen versehen. Vieles ging dabei recht pragmatisch über die Bühne: So wurde aus dem Beethovenweg beispielsweise kurzerhand der Seitenweg – weil der vor Jahren schon mal so hieß und der Volksmund sowieso immer schon Seitenweg gesagt hatte… Und der zu Großerkmannsdorf gehörende Ortsteil Kleinerkmannsdorf wird künftig keine eigenen Straßennamen mehr haben. Sondern nur noch Zahlen. Kleinerkmannsdorf 1, 2, 3… Dass es bei etwaigen Neubauten zu Verwirrungen kommen könnte, weil dann vielleicht eine Nummer 50 neben der 30 zu suchen wäre, glaubt Ortsvorsteher Hauck jedenfalls nicht. „Es ist nämlich eigentlich kein Platz mehr für Neubauten“, sagt er. Der Zorn scheint in Großerkmannsdorf also verraucht zu sein. Auch, wenn es während der Sitzung natürlich auch die eine oder andere ironische Anspielung gab…
Stadtrat entscheidet im April
Wobei es sich zunächst nur um Vorschläge handelt. Und auch noch nicht für alle Straßen Ideen unterbreitet wurden. Für die drei in der Stadt Radeberg umzubenennenden Straßen zum Beispiel noch nicht. Und letztlich müssen sowieso sämtliche Vorschläge auch noch vom Stadtrat „abgesegnet“ werden. In der Sitzung am morgigen Mittwoch wird das dabei noch nicht passieren. Sondern erst Ende April. Dann aber in jedem Fall – denn die Diskussion soll möglichst noch vor der Ende Mai anstehenden Stadtratswahl über die Bühne gehen. Die neuen Straßennamen könnten dann ab Januar 2015 gelten. Bis dahin haben die betroffenen Anwohner also ausreichend Zeit, ihre Papiere zu ändern. Teuer wird das jedenfalls nicht, hatte OB Gerhard Lemm bereits klar gemacht. Die Stadt wird die Ausweise kostenlos ändern – und die Führerscheinstelle des Landkreises ändert die Fahrzeugpapiere für symbolische 50 Cent.
Und was ist mit Wachau?
Damit ist das Problem – zumindest für Radeberg – vom Tisch. Ein Problem bleibt allerdings noch: auch die Nachbargemeinde Wachau hat die gleiche Postleitzahl wie Radeberg. Und auch dort gibt es einige Straßennamen mehrfach oder doppeln sich mit Radeberger Straßennamen. So hatte vor einiger Zeit beispielsweise die an die Radeberger Hauptstraße umgezogene Rossmann-Filiale mit einem Prospekt geworben, in dem eine aus dem Internet entnommene Anfahrtsskizze zu sehen war. Die hatte allerdings nicht die Radeberger, sondern die Wachauer Hauptstraße gezeigt. Es könnte also durchaus sein, dass uns Journalisten das Thema doch noch ein wenig erhalten bleibt…