Sie lugen hinter einem Rosenbusch hervor, ducken sich in eine Mauerspalte, lassen sich auf einem Hinweisschild nieder oder thronen frech auf einem Findling - die Berzis. Am Berzdorfer See sind sie vorrangig zu finden. Man muss genau hinsehen, denn so ein Berzi ist scheu und klein. Etwa vier Zentimeter ist er groß. Nur einige wenige Exemplare haben es auf 15 Zentimeter gebracht.
Seit dem vergangenen Herbst tritt der Berzi verstärkt am Berzdorfer See auf. Denn da entließ Frank Grabs nach einem Test vor vier Jahren den ersten Keramikvogel seiner Art in die Freiheit. Grabs ist ein Fan von Streetart, Straßenkunst ist seine Leidenschaft.
Warum Grabs' Brief das Rathaus nie erreichte
Vor etwa vier Jahren schlug die Geburtsstunde der Berzis. Frank Grabs töpferte acht Stück davon und klebte sie am Berzdorfer See auf mehrere Findlinge auf. Und dann schrieb er einen Brief ans Görlitzer Rathaus. Der Frust darüber, dass sich am See nichts tat, keine Entwicklung voranging, trieb ihn an. Grabs wollte das Rathaus auf charmante Art und mit Augenzwinkern fragen, ob die Ursache dafür vielleicht die neue Vogelart, der Berzi, sei, den man schützen müsse.
Doch nach einer Woche waren die Keramikvögel alle weg. Gestohlen. Frank Grabs schickte den Brief nie ab.
Ein Berzi durch und durch
Doch damit war die Berzi-Idee noch nicht abgelegt. Vor etwa zwei Jahren bemerkte Frank Grabs beim Baden im Berzdorfer See etwas Ungewöhnliches. Auf dem Seegrund, dort, wo der Mann noch stehen konnte, fühlte es sich irgendwie sehr matschig an. Und vertraut. Sollte das etwa Tonschlicker sein? Frank Grabs behielt recht. Es ist Ton - ein Material, mit dem der Kunsterzieher oft auch mit Schülern arbeitet. Grabs ist Lehrer an der Scultetus-Schule in Görlitz-Königshufen. Dort leitet er im Ganztagsangebot auch zwei Keramik-Kurse.
Der Lehrer holte den Tonschlicker ans Ufer und probierte aus, ob er sich verarbeiten lässt. Zunächst trocknet er die Masse, ähnlich, wie man es mittels eines Tuches macht, wenn man Quark herstellt. Es entsteht eine graue Masse. Für die kleinen Keramikvögel eignet die sich gut zur Verarbeitung, für größere Figuren aber nicht.
Und da der Vogel am Berzdorfer See das Licht der Welt erblickte und das Material aus dem See stammt, findet Frank Grabs den Namen "Berzi" für seine Straßenkunst mehr als passend.
Ein Mittel gegen Langfinger
Etwa 70 oder 80 Berzis sind mittlerweile am Berzdorfer See und in Königshufen zu finden. Aber auch in die Altstadt und in die Königshainer Straße im Stadtteil Biesnitz sind sie schon geflattert. Immer dort, wo der Kunsterzieher einen schönen Findling oder ein ansprechendes Mauerstück sieht, hinterlässt er einen, manchmal auch zwei Berzis.
Regelmäßig schaut der Görlitzer nach seinen Keramikvögeln. Nicht immer findet er sie noch vor, manchmal fehlt ihnen auch ein Schnabel oder ein Stück Flügel. "Offensichtlich gefällt nicht jedem diese Art der Straßenkunst", vermutet Grabs. "Oder so gut, dass man sie mitnimmt."
Wer jetzt einem Berzi bei sich zu Hause ein neues Umfeld geben möchte, hat jedoch schlechte Karten. Seit einiger Zeit klebt Grabs die Vögelchen mit einem speziellen Steinkleber auf. Dazu hatte ihm ein Steinmetz geraten. Die Vögel sitzen fest. Wer jetzt einen Berzi stehlen will, macht ihn dabei kaputt.
Berzi-Familie wird größer
Frank Grabs lässt sich davon nicht entmutigen. Er töpfert weiter seine kleinen Vögel. Künftig hat er dafür noch mehr Zeit. Der 64-jährige Kunsterzieher geht in anderthalb Wochen in den Ruhestand. Die Keramik-Kurse an der Scultetus-Schule leitet er weiter. Ansonsten hat sich der Mann, der in Hagenwerder lebt, vorgenommen, wieder mehr zu malen und kreativ zu sein. Auch an einige Ausstellungen denkt er. Die hatte er schon, unter anderem auf Hiddensee und im Görlitzer Klinikum.
Mehr Nachrichten aus Görlitz lesen Sie hier.