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Streichungen und Stornos – Corona und der Verkehr

Das Virus lässt die Nachfrage nach Reisen ins In- und Ausland sinken. Eine Branche trifft es besonders hart.

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Wohin geht es noch? Fluggesellschaften streichen wegen des Coronavirus ihren Flugplan zusammen.
Wohin geht es noch? Fluggesellschaften streichen wegen des Coronavirus ihren Flugplan zusammen. © Matthias Balk/dpa

Von Luise Anter

Man muss öffentliche Toiletten benutzen, allerlei Griffe und Knöpfe anfassen und dicht gedrängt mit Fremden sitzen – auf Reisen erhöht sich die Ansteckungsgefahr mit Corona. 

Ohnehin stellt sich die Frage: Wohin sollte es denn gehen? Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) appellierte an die „Eigenverantwortung“ der Bürger, auf unnötige Reisen in Gebiete mit vielen Erkrankten oder zu Veranstaltungen zu verzichten – wenn die nicht ohnehin schon abgesagt sind. Aber was heißt es für die Verkehrsbranche, wenn alle zu Hause bleiben?

Die Flugbranche

Viele lassen ihre Flugtickets vefallen oder buchen keine neuen Flüge. Schon Ende vergangener Woche hatte die Lufthansa angekündigt, dass sie ihre Kapazität um bis zu 50 Prozent einschränken will. Am Mittwoch nun verkündete sie ihren reduzierten Flugplan: Bis zum 24. April werden 23.000 Flüge gestrichen. Weitere Annullierungen seien zu erwarten, teilte die Airline mit, zu der auch Eurowings, Swiss und Austrian Airlines gehören. Normalerweise absolvieren die 780 Flugzeuge ihrer Flotte 3226 Flüge am Tag. Nach China und in den Iran fliegt die Lufthansa gar nicht mehr, Südkorea und Italien werden deutlich seltender angesteuert. Aber auch innerdeutsche Verbindungen werden reduziert. Andere Airlines haben ähnliche Pläne. Der Bundesverband der Deutschen Luftfahrt teilte mit, dass die Folgen des Coronavirus schlimmer sind als die Flugangst infolge des Terroranschlags auf New York und Washington 2001. Der internationale Luftfahrtverband rechnet weltweit mit Umsatzeinbußen von 40 Milliarden Dollar.

Auch die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden sind betroffen. Allein am Mittwoch wurden an beiden Flughäfen insgesamt 16 Flüge gestrichen. Laut einem Sprecher der Betreiberin Mitteldeutsche Flughäfen AG haben die Airlines im März nach aktuellem Stand „mehrere Dutzend Flüge annulliert“. Betroffen sind sowohl innerdeutsche Ziele wie München, Frankfurt, Düsseldorf oder Köln/Bonn, aber auch Wien, Istanbul oder Moskau. Andere Verbindungen sind derzeit noch nicht betroffen. So heißt es etwa vom Sprecher der TuiFly, dass die Verbindung nach Las Palmas ab Leipzig wie geplant fliegt.

Viele Flüge lassen die Airlines aber momentan leer fliegen. Denn nur so können sie ihre Slots für Start- und Landezeiten an den Flughäfen behalten. Die europäische Slot-Regelung sieht vor, dass Airlines im Winter- und Sommerflugplan ihre Slots je zu mindestens 80 Prozent nutzen müssen, um sie zu behalten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will diese Regelung vorübergehend außer Kraft setzen. Sie wolle „sehr schnell“ Vorschläge machen, sagte sie am Dienstag in Brüssel. Thomas Jarzombek, Luftfahrtkoordinator im Bundeswirtschaftsministerium, begrüßte das. Geisterflüge wären ein „wirtschaftlicher und ökologischer Irrsinn“ gewesen.

Die Deutsche Bahn

Man spüre einen Rückgang der Nachfrage im Fernverkehr, heißt es von der Deutschen Bahn. Zahlen gibt es dazu noch keine. Alle Züge fahren wie geplant. Ausnahme ist der Verkehr zwischen München und Italien. Die Österreichische Bahn lässt ihre Züge nach Rom schon in Villach enden, auch der Eurocity nach Verona verkehrt erst ab Innsbruck. 

Die Bahn erstattet Kunden das Ticket, wenn sie aus Sorge vor Corona nicht mehr reisen wollen oder eine Veranstaltung abgesagt wurde, zu der sie wollten. Wenn es unterwegs einen Verdachtsfall gibt, wird der betroffene Bereich gesperrt und der Zug nach der Fahrt professionell gereinigt. Die Fahrgäste sollen Aussteigekarten ausfüllen. So können sie von den Behörden schnell ermittelt werden, wenn sich der Corona-Verdacht bestätigt.

Die Fernbusse

Auch von Flixbus heißt es, dass die Menschen zurzeit allgemein deutlich weniger reisen. Das Unternehmen hat deshalb sein Streckennetz angepasst. Seit Mittwoch ist der gesamte nationale Flixbus-Verkehr in Italien eingestellt, ebenso wie alle Verbindungen von Deutschland, Österreich und der Schweiz in das Land. Vorerst gelten die Einschränkungen bis zum 3. April. Zur Sicherheit wird ein Bus nach jeder Fahrt grundgereinigt, und die Fahrgäste erhalten auch hier digitale Aussteigerkarten.