Von Frances Scholz
Frische Äpfel vom Baum pflückt Melissa Peters in ihrem kleinen Garten täglich. Ihre Blumen pflegt sie liebevoll, den Rasen mäht sie ordentlich. Seit vergangenem September hat sie die Fläche bei der Bautzener Kleingartenanlage „Land in Sonne“ gepachtet. Auch ihre Gartennachbarin Heike Varbelow liebt ihren Schrebergarten. „Meine Kinder können im Grünen spielen, das ist toll“, sagt sie. Oft treffen sich die beiden Frauen hier nach der Arbeit.
Doch diese Idylle im Grünen wird getrübt. Denn Heike Varbelow und Melissa Peters müssen ihren Garten bis zum 30. November räumen. Warum? Das können sich die beiden Frauen auch nicht so recht erklären. „Es muss etwas Persönliches sein, denn das, wofür wir gekündigt wurden, sind eigentlich Kleinigkeiten, die man miteinander hätte klären können“, sagt die 25-jährige Melissa Peters.
Jeder, der in der Gartensparte „Land in Sonne“ eine Parzelle pachtet, bekommt zunächst einen befristeten Vertrag. Eine Art Probezeit für ein Jahr. „Das finde ich auch gut, denn man weiß ja nie, was für Leute sich für einen Garten interessieren“, sagt Melissa Peters verständnisvoll. Nach einem halben Jahr muss man beim Vorstand des Vereins eine Verlängerung beantragen. „Das habe ich versäumt und sie ein paar Tage später abgegeben und mich auch dafür entschuldigt“, sagt die Bautzenerin. Einen Tag später erhält die junge Frau bereits ihre Kündigung vom Verein.
Rasenmähen in der Mittagszeit
So ähnlich war es auch bei Heike Varbelow. Sie pachtet ihren Garten seit anderthalb Jahren. Sie machte den Fehler gegen 14.45 Uhr Rasen zu mähen. „Aber bis 15 Uhr ist Mittagszeit. Mein Mann hat sich dann bei der Vereinsvorsitzenden entschuldigt“, sagt sie. Dann vergisst Heike Varbelow wenig später, ihre Pacht zu bezahlen. „Aber wenige Tage danach habe ich das Geld überwiesen und auch extra angerufen, dass ich es versäumt habe.“ Das ist allerdings der Grund für ihre Kündigung.
Heike Varbelow und Melissa Peters suchen Hilfe beim Territorialverband der Kleingärten in Bautzen. Sie hoffen, dass bei einem Gespräch die Probleme geklärt werden können und sie noch eine Chance haben, ihren Garten zu behalten. „Wir waren erst sehr zuversichtlich. Wir wollten mit dem Vorstand gemeinsam sprechen, aber dann hieß es vom Territorialverband, man sagt uns Bescheid. Darauf warten wir heute noch“, sagt Melissa Peters.
Volkmar Paidok, Vorsitzender des Bautzener Territorialverbandes, hat sich dem Problem der beiden Frauen angenommen. Und war auch bei einer Sitzung des Vereins „Land in Sonne“ dabei. „Wir als Verband können einem Kleingartenvorstand keine Vorschriften machen, sondern nur versuchen zu vermitteln. Die Vorgaben in den Verträgen müssen von den Gartenfreunden eingehalten werden, das wissen sie auch“, sagt er. So einen verhärteten Fall wie in der Gartensparte „Land in Sonne“ erlebt aber auch er selten. „Sicherlich hätte der Vorstand ein Auge zudrücken können, schließlich wurden die Anträge noch abgegeben und Zahlungen geleistet. Aber ich vermute, es muss noch mehr vorgefallen sein, sonst würde sich auch nicht der gesamte Vorstand in seiner Sitzung für die Kündigung der beiden aussprechen.“
Vorstand wird ignoriert
Und genau so sieht es auch Anita Hinz. Sie ist die Vorstandsvorsitzende des Gartenvereins „Land in Sonne“. Sie kann die Aussagen von Melissa Peters und Heike Varbelow so nicht bestätigen. „Frau Varbelow hat dreimal zu spät gezahlt und zwar nicht ein paar Tage, sondern bis zu 17 Tage“, sagt die Vereinschefin. Zudem ignoriere sie den Vorstand und grüße nicht. Bei Melissa Peters habe Anita Hinz noch darauf hingewiesen, dass sie ihren Verlängerungsvertrag abgeben muss. „Ich habe ihr sogar angeboten es für sie auszudrucken, weil ihr Drucker kaputt war“, erinnert sich Anita Hinz.
Zudem hätten beide Frauen den Vorstand bei den anderen Gartenfreunden schlecht gemacht. „So ein Verhalten geht gar nicht.“ Auch das Gespräch hätten Melissa Peters und Heike Varbelow nie gesucht. „Wir wären zu Gesprächen bereit gewesen, aber Frau Varbelow hat sich sofort einen Anwalt genommen. Jetzt klären wir das leider über die Anwälte“, sagt Anita Hinz. Sie ärgert sich über die Situation. „Wir machen unsere Arbeit auch nur ehrenamtlich. Wir sind nach dem, was vorgefallen ist nicht mehr bereit, Gespräche zu führen.“ Die Fronten seien zu verhärtet.
Auch Melissa Peters und Heike Varbelow sind verärgert. „Wir fühlen uns einfach verloren.“ Beide hätten zudem viel Geld in die Gärten investiert. „Bei mir waren es bestimmt 1 000 Euro“, sagt Melissa Peters. Ihr Garten wird mittlerweile schon im Schaukasten des Gartenvereins angepriesen.
Jetzt hoffen sie auf Hilfe des Landesverbandes der sächsischen Kleingärten. Doch der macht nicht viel Mut. „Wir haben etwa 4 000 Vereine. Für solche Angelegenheiten ist der Territorialverband zuständig“, sagt der Vorsitzende Peter Paschke.
Nun kann es nur noch der Anwalt richten. Für Melissa Peters und Heike Varbelow bleibt eher wenig Hoffnung. „Aber wir wollen bis zum Schluss um unsere Gärten weiterkämpfen“, sagt Melissa Peters.