Von Sabine Fuchs
Kemmlitz. Kaolin aus dem sächsischen Kemmlitz ist von besonderer Güte und deshalb in Deutschland begehrt. Zahlreiche renommierte deutsche Porzellanfabriken, unter anderen Rosenthal in Selb und Seltmann in Weiden, wissen den Rohstoff aus der Nähe von Oschatz zu schätzen. Er ist besonders weiß und hat wenig schädliche Bestandteile für das Brennen kostbaren Porzellans. Der „Weiße Schatz“, wie das Kaolin dort genannt wird, erhitzt derzeit die Gemüter in Kemmlitz.
Grund dafür ist ein Streit zwischen den Kaolinwerken Kemmlitz und der Kirche. Nach Angaben von Superintendent Albrecht Schmidt aus Leisnig steht die Kirche in Mügeln nur etwa 300 Meter vom künftigen Tagebau Schleben/Crellenhain entfernt. Das durch den Abbau gesenkte Grundwasser könnte zu Beschädigungen an der Kirche führen, fürchtet Schmidt.
Wird der Zwist aber nicht bald beigelegt, droht dem Werk das Aus. „Fast 100 Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel“, sagt Udo Dietsch, Verantwortlicher für Planung im Kaolinwerk Kemmlitz. Das ist umso tragischer, da nach Angaben des Sächsischen Oberbergamtes Freiberg Kaolin zu den wenigen Bergbaustoffen in Deutschland mit steigenden Förderzahlen gehört. „Wir wollen nicht als Jobkiller dastehen, aber wir haben unsere Forderungen“, meint dagegen Schmidt.
„Wir wollen gar nicht so tief gehen, als das Grundwasser abgesenkt werden müsste“, hält Dietsch dagegen. Das Gotteshaus sei nicht gefährdet. Außerdem habe das Unternehmen bereits 100 000 Euro für die Sanierung der Kirche geboten. Der Kirchenvorstand habe außerdem Kontrollmöglichkeiten für die Führung des künftigen Tagebaus gefordert. „Das ist rechtlich nicht zu akzeptieren, es gibt für uns nur ein Kontrollorgan, das Bergamt“, sagte Dietsch. Gebraucht wird Kaolin nicht nur in der Porzellanindustrie sondern auch in der Zement-, Papier- und Keramikindustrie. 3,6 Millionen Tonnen wurden im Jahr 2000 in Deutschland gefördert. 350 000 Tonnen Rohkaolin werden jährlich von dem Kemmlitzer Unternehmen im Tagebau Gröppendorf gewonnen, doch die Ressourcen dort neigen sich dem Ende.
Sächsen ist zweitgrößtes deutsches Förderland
Das Werk trägt mit dazu bei, dass Sachsen nach Angaben der Freiberger Behörde mit 1,6 Millionen Tonnen Kaolin im vergangenen Jahr zweitgrößtes deutsches Förderland von Kaolin ist. Wollen die Kemmlitzer es auch künftig liefern, müssen sie das neue Tagebaufeld Schleben/Crellenhain erschließen.
Schmidt warte nun auf weitere Garantien und Angebote des Kaolinwerkes. Unter anderem soll es ein Umweltschutzprojekt anschieben und Ausgleichsfläche für das 18 Hektar große Land anbieten. Anfang Oktober wolle die Kirche dann entscheiden. Die Zeit wird knapp. Spätestens 2004 müsse nach Angaben von Dietsch mit der Förderung des Abraumes begonnen werden. Dafür sei eine Vorlaufzeit von einem Jahr erforderlich. „Vorräte gibt es auch noch woanders, aber wir müssen die acht Millionen teure Investition genau an dieser Stelle tätigen“, sagte Dietsch. Denn genau unter dem Kirchenland lagere das besonders wertvolle Kaolin, der begehrte „weiße Schatz“. (dpa)