SZ +
Merken

Streit um alten Schornstein: Schandfleck oder Denkmal?

Experten prüfen, ob das marode Bauwerk überhaupt noch erhalten werden kann. Eine Entscheidung muss bis zum Sommer gefallen sein.

Teilen
Folgen

Die Zukunft des alten Schornsteins an der einstigen Brauerei Hamburger Straße ist umstritten. Denkmalschützer sehen in der Esse ein erhaltenswertes Industriebauwerk, das die Umgebung wesentlich geprägt hat. So war der Industriekomplex aus Brauerei und dahinter gelegener Gießerei, zu der auch der Schornstein gehörte, als Kulturdenkmal eingestuft worden. Das hat die Stadtplaner nicht gehindert, den Abriss der Fabrikgebäude zu genehmigen. Von ihnen ist inzwischen nur noch ein gigantischer Schuttberg übrig. Den einzelnen Schornstein deshalb zu erhalten, macht aus Sicht der Stadtentwickler nur wenig Sinn. Bis zum Sommer muss eine Entscheidung fallen, denn spätestens dann will Edeka seinen neuen Supermarkt errichten. Vor Baubeginn müsste der Schornstein gesprengt werden.

„Wir sind mit Blick auf den Schornstein relativ leidenschaftslos“, sagt Stephan Rudolph, dessen Immobilienfirma für Edeka den Supermarkt bauen soll. Die Esse betrifft das Baugelände nur mittelbar. „Bleibt sie stehen, entstehen zwei Parkplätze weniger als für den Fall des Abrisses. Damit können wir ruhig leben.“ Ein Signal in Richtung Abriss kam von der Stadtplanung, die sich bei der Fassadengestaltung des Marktes gegen ein Industrie-Design und für eine moderne, farbenfrohe Lösung entschieden hat.

Zeit nimmt Entscheidung ab

Um die Debatte zu einem raschen Ende zu bringen, lässt Rudolph von Experten derzeit untersuchen, ob das marode Bauwerk überhaupt erhalten werden kann. „Hier werden die Ergebnisse demnächst vorliegen.“ Das bezweifelt Stephan Rudolph allerdings schon jetzt. „Der Schornstein ist 15 Jahre ungenutzt Wind und Wetter ausgesetzt gewesen und von innen stark verrottet. Es ist zu befürchten, dass es für langfristige Sicherungsmaßnahmen schon zu spät ist.“ Selbst wenn diese möglich wären, ist unklar, wer es bezahlt. Hier sieht Edeka die Stadt in der Pflicht. Doch mit Blick auf die Kosten für das Verfüllen des großen Schornsteins, hat der Denkmalschutz abgewunken. So wird wohl die verstrichene Zeit die Entscheidung über Erhalt oder Abriss abnehmen. Denni Klein