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Streit um Biergärten lebt wieder auf

Keine bunten Schirme, Brauerei-Logos und Umzäunungen - Zittaus Gastwirte sollen ihre Außensitze den bestehenden Regeln anpassen. Einige nehmen das nicht hin.

Von Jan Lange
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Elke Mäffert in ihrem "Biergarten" vor dem "Irish Pub".
Elke Mäffert in ihrem "Biergarten" vor dem "Irish Pub". © Foto: Jan Lange

Bei schönem Sommerwetter im Biergarten zu sitzen und ein kühles Blondes zu trinken - für viele Gäste gibt es nichts Schöneres. Auch die Terrasse vor dem "Irish Pub" auf der Zittauer Neustadt ist an den meisten Abenden gut besetzt. "Wir leben vom Biergarten", sagt Elke Mäffert, die Betreiberin des "Irish Pub". Doch nun sieht sie sich in der Ausübung des Gastronomiebetriebes behindert. Schuld ist die städtische Gestaltungssatzung. In dieser wird vorgeschrieben, wie Überdachungen, Podeste und Einfriedungen auszusehen haben. Und diese Vorgaben erfüllt der Biergarten vom "Irish Pub" nicht.

Die Verwaltung dringt nun auf die Einhaltung der Richtlinie. Die "Irish Pub"-Chefin schrieb deshalb einen offenen Brief an Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm). Sie sei "empört über die neuerlichen Aktivitäten der städtischen Verwaltungsorgane" zur Durchsetzung der Gestaltungssatzung, schreibt sie in dem Brief. Sie fordert, die Richtlinie zu überdenken und den Vollzug der derzeitigen Regeln auszusetzen.

Nach der Zwangsschließung aller Restaurants und Kneipen während der Corona-Krise sei jetzt der falsche Zeitpunkt, die Satzung durchzusetzen, findet sie. Denn sie müsste mindestens 2.000 Euro investieren, schätzt die Gastwirtin. Geld, das sie aktuell nicht habe. In der Corona-Krise wurden alle privaten Rücklagen aufgebraucht. Und jetzt mache sie immer noch weniger Umsatz als normal. Auch weil sie die Sitze im Biergarten aufgrund der Abstands- und Hygieneregeln reduzieren musste.

Zudem ist sie 62 und wolle deshalb nicht mehr groß investieren. Erst vor drei Jahren habe sie nach einem Unfall die Terrasse in der alten Form wieder aufgebaut. Damals hätte man ihr gleich sagen können, wie sie gestaltet werden soll. Die Stadt sei aber erst mit den Änderungsforderungen gekommen, als alles fertig war, kritisiert Elke Mäffert.

Schwarze statt pastellfarbene Schirme

Bei dem Streit geht es zum einen um das Aussehen der Sonnenschirme. So sollen nach der Gestaltungssatzung Sonnenschirme auf öffentlichen Straßen und Plätzen nur noch pastellfarben sein und keine Werbeaufdrucke von Brauereien haben. Erlaubt ist nur dezente Eigenwerbung am unteren Ende der Schirme. Die Schirme vom "Irish Pub" sind jedoch schwarz und mit dem Schriftzug einer Brauerei versehen. "Ich habe von den Brauereien Gastronomie-Sonnenschirme kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen und natürlich verfügen die über Werbeaufdrucke der Brauereien", sagt die Gastwirtin. 

Dass die Schirme schwarz sind, sei auf der Neustadt von Vorteil, meint Elke Mäffert. Denn so sei der Dreck, der von der Straße herüberfliegt und sich auf den Schirmen ablagert, nicht so schnell zu sehen. Helle Schirme müsste sie dagegen ständig reinigen.

Der Streit um die Farbe der Schirme ist nicht neu. Bereits vor fünf Jahren kritisierten Zittaus Gastwirte das Vorhaben der Stadt, nur noch pastellfarbene Schirme ohne Brauerei-Logos zu erlauben. Die Stadt hatte damals zwar an der Farbregelung festgehalten, den Gastronomen aber eine Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt. Die sind nun um und deshalb soll jetzt die Gestaltungssatzung durchgesetzt werden.

Schirme sind nicht das einzige Problem

Aber nicht allein die Schirme sind das Problem. Die Terrasse ist an drei Seiten mit einem Zaun begrenzt. Auch das entspricht nicht der Zittauer Gestaltungssatzung. Die Podeste und Außensitzplätze sollen ausschließlich von Begrünungselementen begrenzt werden, deren Höhe 1,20 Meter nicht überschreiten. "Meine Terrasse hat zusätzlich einen Zaun, da die Absturzhöhe mehr als 25 Zentimeter beträgt und nur mit Pflanzen ein Absturz der Gäste nicht verhindert werden kann", erklärt die "Irish Pub"-Betreiberin.

Eine feste Einfriedung sei erst ab einem Meter Absturzhöhe erforderlich und genehmigungsfähig, erfuhr sie von der Verwaltung. Aus dem Prüfbuch für fliegende Bauten der Firma Getränke Märkisch gehe hervor, so Elke Mäffert, dass eine feste Umzäunung ab einer Absturzhöhe von 20 Zentimetern erforderlich ist. "Das entspricht eher dem gesunden Menschenverstand", meint sie. Und fragt in Richtung Stadt: "Soll ich die Sicherheit und Gesundheit meiner Gäste riskieren, was im schlimmsten Falle zu einer Haftung in Millionenhöhe oder zu einer Haftstrafe führen kann?"

Unterschiedliche Maßstäbe?

Sie sieht sich auch nicht gleichbehandelt und verweist auf einen anderen Gastwirt auf der Zittauer Neustadt. Dort sei erst vor wenigen Monaten eine Terrasse mit einer festen Einzäunung aus Lochblech und Stahlstäben errichtet worden.

Das kritisierte Podest der Nachbargaststätte sei auf Grundlage einer Baugenehmigung und einer Sondernutzungserlaubnis entstanden, erklärt Zittaus Stadtsprecher Kai Grebasch. "Dieses muss nicht zurückgebaut werden. Da an dieser Stelle eine andere bauliche Gegebenheit, insbesondere ein deutlich höheres Gefälle vorliegt, war die Einfriedung wegen der bestehenden Unfallgefahr anders zu bewerten."

Bisher habe die Stadt noch keine Strafen verhängt, weil sich Gastwirte nicht an die Gestaltungssatzung halten. Vielmehr seien die Reaktionen auf die Aufforderung zur Änderung einer unerwünschten Gestaltung überwiegend positiv gewesen, so Grebasch. Der eine oder andere Gastronom habe die geforderten Änderungen schon umgesetzt, so seien auf der Neustadt in einer Gaststätte die Schirme angepasst worden, auf der Bautzner Straße änderte ein Gastronom die Einfriedung.

Seitens der Verwaltung seien derzeit keine Änderungen an der Gestaltungssatzung geplant. Allerdings wollen einige Stadträte Änderungen erreichen. Zudem gibt es, wie die SZ erfuhr, eine Initiative von anderen Gastronomen, die auch auf eine Änderung der Gestaltungsregeln zielt. Diesbezüglich gebe es momentan Gespräche mit der Stadt. 

Gespräche zwischen Stadt und der "Irish Pub"-Betreiberin gab es ebenfalls - und das nicht nur einmal. Momentan herrsche aber Funkstille, sagt Elke Mäffert.

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