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"Busfahrplan ist nicht in Stein gemeißelt"

Falk Werner Orgus, Amtsleiter für Ordnung und Straßenverkehr im Landkreis Görlitz, erklärt, warum die Erregung um die neuen Buspläne groß ist und wo der Haken liegt.

Von Anja Beutler
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Falk Werner Orgus, Leiter Ordnungs- und Verkehrsamt des Landkreises Görlitz zur Kritik an den Busfahrplänen für den Kreissüden.
Falk Werner Orgus, Leiter Ordnungs- und Verkehrsamt des Landkreises Görlitz zur Kritik an den Busfahrplänen für den Kreissüden. © Nikolai Schmidt (Archiv)

Herr Orgus, wenn man die Kritik aus manchen Gemeinden im Gebirge, in Oderwitz oder Ebersbach-Neugersdorf hört, hat man das Gefühl, der neue Bus-Fahrplan kommt von oben herab und die Interessen vor Ort sind nicht genug berücksichtigt...

Falk Werner Orgus: Nein, das ist keinesfalls so. Aber die Kommunikation zwischen Kreisverwaltung und Kommunen ist nicht optimal gelaufen. Wir hätten von Anfang an pro-aktiv sein müssen und nicht warten, bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Gemeinde-Stellungnahmen eingegangen sein sollten. Deshalb ist die Zeit knapp geworden. Wir haben wohl auch nicht deutlich genug gemacht, dass es sich nicht nur um einen der üblichen Fahrplanwechsel handelt, sondern um einem Systemwechsel im öffentlichen Nahverkehr. Das werden wir im Norden des Kreises besser machen.

Aber der Kreis Görlitz ist ja nicht der einzige Kreis mit diesen Herausforderungen - ist da das Vorgehen nicht klar geregelt? Sie haben ja auch die Belange der Behinderten nicht angehört ...

Orgus: Was die Behindertenbelange anbetrifft, das holen wir jetzt nach. Aber bei der Art und Weise, wie man den neuen Fahrplan erstellt, sind wir viel früher und stärker auf die Gemeinden zugegangen als andere Landkreise. Eigentlich muss man das gar nicht. Gedacht ist das so: Wir erstellen den Plan, reichen ihn beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr, dem Lasuv, ein. Das Lasuv holt dann die Stellungnahmen der Gemeinden dazu ein und klärt Probleme. Wir wollten aber die Gemeinden und auch die Schulen schon vorab beteiligten, um die größten Knackpunkte vor dem Einreichen des Planes zu klären.

Also gut gemeint, aber nicht gut genug umgesetzt. Warum konkret kommt jetzt so viel Unzufriedenheit auf?

Orgus: Weil die Zeit drängt und manche Gemeinden sich eben sehr spät mit dem Thema befasst und die Probleme aus ihrer Sicht benannt haben. Manche Bürgermeister haben uns auch eingestanden, dass sie die Tragweite der Sache nicht sofort erkannt hätten. Bei den Besuchen in den Gemeinden - und wir waren in allen Gemeinden mindestens einmal - haben wir immer klar gemacht: Wenn wir in einem Ort eine Haltestelle mehr bedienen sollen, dann muss die Zeit anderswo eingespart werden - einigt euch deshalb mit den Nachbargemeinden. Das hat nicht immer funktioniert. Wir versuchen aber, alles, was möglich ist, zu klären.

Aber Wünsche haben ja wohl alle - wie klären sie das dann?

Orgus: In Bernstadt zum Beispiel ging es um einen Halt in Dittersbach, alle zwei Stunden war dort eine Buslinie gefahren. Die soll wegfallen - was heftigen Protest auslöste. Wir haben uns mit Bürgermeister und Ortschaftsrat dann hingesetzt und die Zahlen auf den Tisch gelegt: 2019 sind dort pro Quartal unter 300 Euro Umsatz gemacht worden, das heißt, es sind im Schnitt zwei Leute pro Woche dort zugestiegen. Auf dieser Basis haben wir uns dann rasch geeinigt und bleiben bei der Änderung.

Und was passiert mit den Punkten, die Sie nicht einvernehmlich klären können?

Orgus: Der Entwurf und die Stellungnahmen sind beim Landesamt eingereicht, damit wird sich das Lasuv befassen und die Dinge nach objektiven Kriterien bewerten, gegebenenfalls auch noch mal Kreis und Gemeinde dazu an einen Tisch holen.

Nicht nur in den Rathäusern, auch bei Einwohnern und vor allem Eltern von Schulkindern sind Aufregung und Ängste groß - warum?

Orgus: Weil es ein Systemwechsel ist und wir uns von etwas verabschieden, dass es jahrzehntelang gegeben hat. Das alte System war bei vielen Verbindungen eher ein Zufallsfahrplan - entweder man hatte Glück und bekam einen Anschluss oder nicht. Der neue Plan hat zwei feste Größen: Er richtet sich nach dem sogenannten Nullknoten in Zittau - also dass die Züge dort immer um die volle Stunde abfahren und ankommen - und nach den möglichen Fahrkilometern, die finanzierbar sind. Es war immer klar, das wir gewachsene Strukturen nicht ungeprüft übernehmen, wir brechen jetzt auch die in den alten Plänen noch sichtbaren alten Kreisgrenzen auf - das war überfällig. Uns geht es darum, nicht nur die bisherigen Kunden des öffentlichen Nahverkehrs zu halten, sondern neue zu gewinnen.

Also hat der Schülerverkehr nicht mehr die Priorität?

Orgus: Der Schülerverkehr hat nach wie vor Priorität! Das Neue ist, dass wir den Schülerverkehr in den öffentlichen Nahverkehr integrieren und dabei auch das Freizeitverhalten mit beachten. Das kann auch einmal bedeuten, dass nicht alle bisherigen Schülerlinien aufrecht erhalten, sondern kleinere Lösungen gesucht werden. Deshalb haben wir die Schulen einbezogen, sie sollten mit den Eltern sprechen, deren Kinder weite Wege haben. Das hat leider nicht immer funktioniert.

Das war in der Corona-Phase schwierig ...

Orgus: Die Schulen waren seit November 2019 informiert. Corona hatte auf die Einflussmöglichkeiten also nur bedingt Einfluss.

Wann gibt es die Fahrpläne?

Orgus: Sie sollten eigentlich im Oktober gedruckt werden. Die nächsten Wochen wird die Klärung der Knackpunkte mit dem Landesamt laufen, dann wollen wir unser neues Konzept vorstellen, bewerben, damit es auch verständlicher wird und die Leute die Vorteile erkennen können. Wir werden auch ein Beschwerdemanagement einführen, damit wir rasch handeln können, wenn sich dann in der Praxis Probleme zeigen. Der neue Busplan für den Süden des Kreises gilt dann ab Januar, aber er ist nicht in Stein gemeißelt.

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