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Streit um zentralen Aldi geht vor Gericht

Handel. Mit einer Klage wehrt sich Großenhain gegen das Vordringenvon Aldi ins Zentrum.Die Markt-Befürworter fühlen sich behindert.

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Von Peter Anderson

Der Dachstuhl ist eingestürzt. Die Fassade bröckelt. Dem Gemäuer entsteigt modriger Geruch. Das ehrwürdige Grundstück von Habenicht & Co. am Großenhainer Gerberdamm sieht nicht aus wie ein Filetstück. Nach dem Streit, der um die Immobilie tobt, muss es das aber sein.

Schandfleck ruckzuck weg

„Die Stadt wirft uns Knüppel zwischen die Beine“, sagte gestern Cord-Albrecht Meyer. Der Immobilienhändler aus Süstedt bei Bremen plant am Gerberdamm einen Aldi-Markt. „Damit wäre der Schandfleck ruckzuck beseitigt.“ Der Landkreis erteilte einen positiven Bauvorbescheid. Nun könnte Meyer eigentlich Nägel mit Köpfen machen und einen Bauantrag stellen. Die Stadt kam ihm jedoch zuvor und klagte gegen den Bauvorbescheid. Am 10. Mai will das Verwaltungsgericht in Dresden das Problem ein erstes Mal erörtern.

Rein formal verweist die Stadt auf den aktuellen Entwurf zu einem Bebauungsplan (B-Plan) für das Gebiet. Dieser gehe von einer mehrgeschossigen Bauweise aus. Der so genannte Vorentwurf für Cord-Albrecht Meyers Immobilienkontor zeigt hingegen eine der typischen Aldi-Hallen mit Spitzdach. Dies widerspricht der „straßenbezogenen Blockstruktur“, welche die Stadt nach eigener Aussage bevorzugt. Gemischte Wohn- und Geschäftsftshäuser mit Arkaden im Erdgeschoss würden nach Meinung des Rathauses am besten in die Gegend passen.

Manfred Nitschke, Meyers Dresdner Projekt-Manager, sieht in dem B-Plan allerdings nur eine Verhinderungstaktik der Verwaltung. Die Stadt habe acht Jahre Zeit gehabt, ihre Vorstellungen festzuschreiben. Jetzt sei der Zug abgefahren. Der Bauvorbescheid des Landratsamtes gebe grünes Licht für einen Aldi-Markt. Es sei unlogisch, neue Wohnungen zu planen, wo andererseits reihenweise DDR-Neubauten abgerissen würden.

Großenhains Stadtbaudirektor Tilo Hönicke will dieser Argumentation nicht folgen. DDR-Plattensiedlungen ließen sich nicht mit einer modernen Innenstadt-Verdichtung gleichsetzen. Die Händler im Zentrum müssten vor den Dumping-Angeboten der großen Discounter geschützt werden. Eine Chance dazu böte der B-Plan. Längst verkaufen die Discounter nicht bloß Lebensmittel. Mit Sonderangeboten von Spielzeug über Klamotten bis zu Werkzeugen machen sie fast jeder Branche das Leben schwer. Um diese Einschätzung zu erhärten, hat der Stadtbaudirektor jetzt ein Einzelhandelsgutachten in Auftrag gegeben.

Brache gegen Leerstand

Nitschke und Meyer beharren dagegen darauf, dass am Gerberdamm keine zusätzliche Verkaufsfläche entsteht. Es handele sich lediglich um „Ersatzinvestitionen“. Aldi würde seinen jetzigen Standort im City-Center aufgeben. Der näher am Zentrum gelegene Gerberdamm verspricht höhere Umsätze und Gewinne. Großenhain bekäme für die beseitigte Brache allerdings neuen Leerstand an der Meißner Straße. Als zweite Begründung für den Umzug führen die beiden Immobilien-Spezialisten eine größere Senioren-Freundlichkeit des Gerberdamms an. „Viele alte Menschen im Stadtzentrum haben kein Auto und würden von einem Aldi in ihrer Nähe profitieren“, sagte gestern Manfred Nitschke.