SZ +
Merken

Streit ums Schloss entbrannt

Oberlichtenau. Ein offener Brief entfacht eine heftige Diskussion um die Zukunft des Barockbaus.

Teilen
Folgen

Von Reiner Hanke

Eiigentlich sollte das Oberlichtenauer Barockschloss schon im Juli einen neuen Hausherren bekommen. Der Favorit des Gemeinderates für einen Erbbaupachtvertrag ist die Dresdner Familie Lüdke. Lars Lüdke leitet dort die Geschäfte einer Design-Firma.

Doch die Entscheidung wurde vertagt. Derzeit brüten die Juristen über den Unterlagen. Hintergrund sind laut Bürgermeister Carsten Guhr Meinungsverschiedenheiten mit dem Amt für ländliche Entwicklung. Das will möglicherweise Fördergelder zurückfordern, falls die Gemeinde ihre Pläne umsetzt. Carsten Guhr: „Möglicherweise müssen wir ein neues Modell verfolgen.“ Angesichts leerer Kassen sei es aber gerechtfertigt und sinnvoll, dass Schloss in private Hände zu legen, ist sich der Rat sicher.

Aufgestauter Ärger

Doch nun hat der Rat neuen Ärger von einer zweiten Front. In einem offenen Brief melden Bürger der Gemeinde Zweifel an den Entscheidungen des Gemeinderates an. Zwölf Oberlichtenauer, vor allem Unternehmer, unterzeichneten das Papier. Sie kritisieren, die Eile, mit der die Gemeinde das Schloss in private Hände legen will. Sie bezweifeln, dass alle Bewerber wirklich eine ehrliche Chance hatten sich zu präsentieren. Die Bürger vermuten vielmehr, dass die Würfel bereits lange vor der entscheidenden Sitzung gefallen seien. Zumal die Dresdner schon in der Landresidenz wohnen. Freitagabend entluden sich die aufgestauten Sorgen und Ärger auf beiden Seiten während einer heftigen Diskussion im Ratsaal der Gemeinde. 17 Bürger saßen Rat und Bürgermeister gegenüber und lieferten sich teilweise laute Wortgefechte. Unter den Gästen auch der Sozialverband VdK. Der gehörte seit dem Frühjahr neben den Dresdnern noch zu den verbliebenen ernsthaften Bewerbern mit einem Mitgliederhotel. Nur die Familie Lüdke fehlte im Saal und überließ es dem Rat, ihr Konzept zu verteidigen. Dessen Position zu begründen, war Bürgermeister Carsten Guhr bemüht: „Die finanziellen Vorstellungen des VdK waren für uns nicht überzeugend.“ Der Verband hatte klar gemacht, ein Finanzkonzept nicht in so kurzer Zeit wie gefordert liefern zu können: „Wenn uns die Gemeinde die Zeit nicht gewährt, fühlen wir uns rausgekickt“, beklagt Mike Schlagowsky, Oberlichtenauer und VdK-Abteilungsleiter.

An gegenseitigen Vorwürfen über Informationsdefizite zum Beispiel mangelt es derzeit nicht. Auch der Rat habe in der Vergangenheit Engagement und Interesse bei Bewerbern wie Bürgern vermisst, hieß es. Nun passe die Entscheidung nicht. Die ist offensichtlich im Spannungsfeld zwischen zwei sehr unterschiedlichen Bewerber gefallen. Lüdkes möchten lieber heute als morgen im Schloss loslegen, während der VdK erst zum Jahresende die Karten auf den Tisch packen könne. So treibt den Rat offensichtlich die Angst, in ein paar Monaten mit leeren Händen und einem Schloss dazustehen, das der Gemeinde finanziell über den Kopf wächst. Gemeinderat Thomas Käppler räumte ein: „Keiner von uns weiß hundertprozentig, welches Konzept am Ende wirtschaftlich erfolgreicher sein würde. Der Rat könne nur nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden.“

Diese Unsicherheit ist nicht geeignet, die Bedenken bei Bürgern zu zerstreuen. Vor allem die Aussagen des Bürgermeisters zur Finanzkraft der Lüdkes blieben vage. Unternehmer Reiner Alischer gab deshalb zu bedenken: Das Konzept der Dresdner, die Wirtschaftlichkeit und die Finanzkraft sollten noch einmal eingehend geprüft werden. Der Rat ging nicht darauf ein und sieht keinen Grund zum Misstrauen. „Jetzt ist das Schiff noch zu stoppen“, warnte dagegen Alischer. Zumal Lüdkes nicht das erste Mal auf Schlosskurs seien. Dem Herrenhaus Lauterbach (Riesa-Großenhain) kehrte das Ehepaar enttäuscht und im Zwist mit der Gemeinde den Rücken. Nun will der Designer in Oberlichtenau erneut ein Schloss aufpolieren. Den Rat hat er auch nach der hitzigen Debatte hinter sich.Auf ein Wort