Wie finde ich den günstigsten Strompreis – ohne Stress?

Strom wird immer teurer, doch die meisten Deutschen bleiben ihren Anbietern treu. Laut Bundesnetzagentur werden mehr als zwei Drittel aller Haushalte von den lokalen Stadtwerken beliefert, ein Teil davon zahlt sogar die teuren Grundversorgungstarife. Dabei ließe sich durch Wechseln Geld sparen. Doch viele scheuen den Aufwand. Sogenannte Tarifoptimierer versprechen eine Lösung: Die Dienstleister kümmern sich um den regelmäßigen Wechsel zu einem günstigeren Stromanbieter, erledigen die Formalitäten und achten auch darauf, dass ihre Kunden nicht an dubiose Energiediscounter geraten. Ob das in der Praxis auch funktioniert, darüber hat die SZ mit Annegret Jende von der Stiftung Warentest gesprochen.
Frau Jende, wie genau haben Sie die Tarifoptimierer getestet?
Wir haben zwischen Oktober 2017 und Dezember 2018 bundesweit 27 Haushalte beauftragt, neun Wechseldienste zu überprüfen. Pro Anbieter gab es drei Testhaushalte. Der Test lief vom Einholen des ersten Angebots über die Beauftragung des Wechsels bis zum Angebot für den erneuten Wechsel. Wir wollten vor allem auch wissen, ob die Haushalte rechtzeitig ein neues Angebot bekommen und ob die Wechselhelfer für bequeme Kunden geeignet sind.
Wie war das Ergebnis?
Allen Testern wurde rechtzeitig vor dem Kündigungstermin ein neues Angebot unterbreitet. Die Mehrheit der Kunden war zufrieden mit der Dienstleistung. Vier Anbieter wurden mit „Sehr empfehlenswert“ bewertet, drei mit „Empfehlenswert“, zwei mit „Nicht empfehlenswert“.
Wie groß waren die Einsparungen?
Die geringste Ersparnis lag – nach Abzug der Provision für den jeweiligen Dienstleister – bei 73 Euro, die höchste bei über 400 Euro. Natürlich hängt die Höhe der Summe vom Haushaltsverbrauch ab: Mal waren es 1 000 Kilowattstunden im Jahr, mal 4 000. Weitere Fakoren sind der Wohnort und wie hoch dort die Netzentgelte oder Konzessionsabgaben sind.
Wie hoch waren die Provisionen?
Meist zwischen 20 und 30 Prozent der eingesparten Summe. Es gibt aber auch Anbieter, die gar nichts berechnen und sich stattdessen über Wechselprovisionen der Stromanbieter finanzieren.

Gab es dabei Auffälligkeiten, was die empfohlenen Tarife betraf?
Nein, es war nicht zu erkennen, dass ein bestimmter Stromanbieter bevorzugt worden wäre. Dazu muss man aber sagen, dass unser Test Stichproben-Charakter hatte.
Wann haben Sie ein Tarifangebot als „günstig“ beurteilt?
Wenn es nicht mehr als fünf Prozent teurer war als das günstigste Tarifangebot der gängigen Vergleichsportale.
In den Angeboten von Check24, Verivox und Co. sind dann auch Tarife wie die der seit Februar insolventen Bayerischen Energieversorgungsgesellschaft (BEV) vertreten gewesen?
Ja, genau.
Es gab keine Tarifempfehlungen, die zu Problemen führten?
Nein, kein Wechselhelfer hat die BEV empfohlen. Man muss dazu sagen: Manche haben nur einen Tarifvorschlag unterbreitet, andere drei oder vier. Teilweise tauchte dort BEV auf, aber nie als Empfehlung, sondern mit dem Hinweis, dass dieser Tarif sehr günstig sei. Mehrere Dienstleister haben erklärt, dass sie Listen mit „schwarzen Schafen“ führen, die sie dann aussortieren.
Manche Marktbeobachter rechnen mit weiteren Insolvenzen auf dem Strommarkt. Denken Sie, dass sich in dem Zusammenhang auch bei den Wechselhelfern noch stärker die Spreu vom Weizen trennen wird?
Diese Firmen sind schon sehr nah am Markt. Wie gut sie darin sind, Insolvenzen vorherzusagen, kann ich nicht beurteilen.

Wechselhelfer werben mit der Aussage, ihr Kunde müsse sich um nichts mehr selbst kümmern. Stimmt das?
Ganz so ist es nicht. Ein Beispiel: Viele Anbieter richten ein E-Mail-Konto für ihre Kunden ein, über das die Kommunikation zwischen Stromanbieter und Verbraucher läuft. Es gibt aber trotzdem noch Papierpost, die der Versorger an seine Kunden schickt. Da ist der Kunde in der Pflicht, diese Schreiben an den Wechselhelfer weiterzuleiten. Sonst bekommt der eventuell nicht mit, dass eine Preiserhöhung ansteht. Der Dienstleister kann nur dann gut sein, wenn er alle relevanten Infos vorliegen hat.
Die Frage zielte auch darauf ab, dass man dem Dienstleister erlauben kann, „automatisch“ zu wechseln ...
Das ist im zweiten Jahr möglich. In der Regel erhalten die Kunden drei bis vier Monate vor dem Kündigungstermin neue Tarifempfehlungen. Da gibt es dann Anbieter, die einen Tarifwechsel einleiten, wenn man nicht innerhalb von 14 Tagen widerspricht. Andere werden erst aktiv, wenn der Kunde ihnen gezielt den Auftrag erteilt.
Welche Variante empfehlen Sie?
Das muss jeder für sich entscheiden. Will man alles aus der Hand geben, kann man durchaus den vollautomatischen Wechsel wählen. Will man wenigstens noch einmal schauen, wo der Strom künftig herkommt, ist eher Variante zwei zu empfehlen.