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Strubbeln war sein erstes sächsisches Wort

Bei Ines Hair Shop arbeitet ein syrischer Friseur. Seitdem gibt es dort jede Woche Blumen.

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Von Franz Herz

Ein Problem hat Ines Eckstein mit ihrem neuen Kollegen, ein Sprachproblem. Doch auch dafür gibt es eine Lösung. Die Inhaberin von Ines Hair Shop am Markt in Dippoldiswalde beschäftigt seit einigen Wochen einen Asylbewerber aus Schmiedeberg als Praktikanten.

„Frau von Schönberg, die ehrenamtlich im Asylbewerberheim Unterricht gibt, kam auf mich zu: Da gibt es einen Friseur“, erinnert sich die Friseurmeisterin. Sie sucht ihrerseits laufend Mitarbeiter und sagte: „Das probiere ich einmal.“ So kam Farhad Suleiman zu ihr in den Salon. Er hat in seiner Heimat ein eigenes Geschäft geführt und wollte wieder im Beruf arbeiten.

Doch einfach war das nicht. Zuerst musste die Meisterin die rechtliche Situation klären. Kerstin Körner aus dem Landratsamt hat ihr geholfen, einen Praktikumsvertrag zu verfassen. Damit darf der Asylbewerber, der im Heim in Schmiedeberg, wohnt, legal bei ihr arbeiten. Dafür gibt es Einschränkungen im Asylverfahrensgesetz. Seine Arbeitserlaubnis ist auch im Ausweis eingetragen. Damit gibt es auch im Fall einer Kontrolle keinen Ärger.

Farhad Suleiman kommt aus dem kurdischen Teil Syriens, wo seit Langem Bürgerkrieg herrscht. Er ist geflohen und kam über Stationen in München und Chemnitz nach Schmiedeberg. Er wartet darauf, dass sein Asylantrag bearbeitet wird und er versucht, sich in Deutschland zu integrieren.

Auf Arbeit klappt das schon einmal gut. Die Meisterin ist zufrieden mit ihrem syrischen Mitarbeiter. Zeugnisse oder Papiere für einen Berufsabschluss hat sie zwar keine gesehen. „Was will ich aber mehr, als dass die Kunden sagen, ich will wieder zu ihrem syrischen Kollegen“, sagt sie. Sie würde den Mitarbeiter auch gerne auf Dauer behalten.

Natürlich musste er sich einarbeiten. Es gibt Unterschiede dazwischen, wie ein Friseur in Syrien arbeitet und in Sachsen. Die Schnitte unterscheiden sich, aber das ließ sich leicht lernen. In Farhad Suleimans Heimat ist es üblich, dass Männer nur Männer frisieren und Frauen nur Frauen. „Das ist bei uns anders. Da muss er sich umstellen. Aber das wird er schon noch lernen“, ist sich Kerstin Eckstein sicher.

Sie nimmt ihr Smartphone zur Hand und tippt eine Frage in das Übersetzungsprogramm für die arabische Sprache. Denn ihr Kollege spricht zwar Arabisch und Kurdisch. Die beiden Sprachen sind in seiner Heimat gängig. Aber die spricht wiederum niemand in Ines Hair Shop. „Wir behelfen uns mit Deutsch, mit Englisch und oft auch ein wenig Theater. Das klappt schon“, erzählt Ines Eckstein.

Dabei ist das Handy ein wichtiges Kommunikationsmittel geworden. Farhad Suleiman tippt und drückt auf das Übersetzen-Feld: „Ich bin sehr dankbar, dass ich hier sein kann.“ Er lernt auch viel einfach durch Zuhören. So hat er auch schon sein erstes sächsisches Wort gelernt: Strubbeln. Das steht so noch nicht einmal im Duden.

Eine Lösung für das Sprachproblem zu finden, ist eine der schwierigsten Aufgaben. Da Farhad Suleiman schon 28 Jahre ist, kann er an keinem regulären Kurs für Asylbewerber mehr teilnehmen. Die gibt es in der Regel nur bis zum Alter von 27 Jahren. Doch er steht inzwischen auf einer Warteliste dafür.

Nun hat sich mit Karin Fritzsche jemand gefunden, die dem Syrer ehrenamtlich Unterricht gibt. Sie ist Lehrerin am Glückauf-Gymnasium. Normalerweise unterrichtet sie in Altenberg, aber immer mittwochs in Dippoldiswalde. Da schließt sie dann Deutschunterricht für den Asylbewerber an. Er zeigt sein Lehrbuch mit deutschem und arabischem Text. Doch das ist nicht die ganz große Hilfe. Die Lehrerin spricht kein Arabisch. „Das ist nicht einfach, dass wir keine gemeinsame Vergleichssprache haben“, sagt Karin Fritzsche. Der Unterricht beginnt also bei den einfachen Grundlagen. Der Syrer fängt mit den Buchstaben und den Zahlen an. „Aber er ist ein sehr williger Schüler“, sagt Frau Fritzsche.

Er ist auch sonst dabei, sich einzuleben. So trainiert er mit den Fußballern des FSV Dippoldiswalde. „Da bringt ihn dann auch mal jemand nach Hause, damit wir uns darum nicht kümmern müssen“, sagt Ines Eckstein. Sie freut sich vor allem über eines. „Meine Kollegin Jana Hornoff und ich, wir bekommen jetzt jede Woche Blumen.“