Von Thomas Schuster
In 100 Jahren werden überflüssige Migranten wahrscheinlich ins All geschossen! So lautet die provokante These eines Theaterstücks, das junge Leute aus Dresden in den vergangenen Tagen in einem Workshop im Großhennersdorfer Begegnungszentrum geprobt haben. Unter professioneller Anleitung bereiteten die zehn Laienschauspieler – zum Teil aus Aussiedlerfamilien – die Aufführung ihres Stücks mit dem Titel „Mission: TheaterInternational“ vor.
In selbst hergestellten Raumanzügen aus Verpackungsfolie und galaktisch anmutenden Raumhelmen reisen die Migranten durch die Welt der Planeten. Hier im All treffen sie auf die Planeten der Bürokratie, der Depressiven oder Hyperaktiven ganz unterschiedliche Figuren. Sie selbst allerdings merken, dass sie durch das gemeinsame Leben im Raumschiff und die Begegnung mit anderen Individuen besser zueinander finden. In dem Streben nach Integration scheitern sie aber. Letztlich können sie nur in ihrem Raumschiff als Reisende zwischen den Welten glücklich sein. Rahmen der Reise ins Weltall ist allerdings ein ganz gewöhnlicher Fernsehabend, wo junge Leute über Migration und ihre eigenen Erfahrungen damit diskutieren.
Jeder darf zuerst improvisieren
„Wir haben in unser Stück auch den neuen Einbürgerungstest der Bundesregierung aufgenommen, um einmal praktisch zu zeigen, welche Probleme es bei der Beantwortung der dort aufgeführten Fragen gibt“, erzählt Theaterpädagoge Frank Hohl. Er zeichnet für das Stück verantwortlich, in dem kreative Menschen über die Kunst zusammengeführt werden sollen. Dabei ist der Gedankenaustausch zum Beispiel über Ausländer-Integration in ihrer näheren Lebensumgebung erwünscht. Künstlerisch sei das Stück als Improvisation angelegt, sagt Frank Hohl. Das bedeutet, dass die Schauspieler zunächst ihre Rollen frei spielen. Aus ihren Dialogen entsteht erst später der endgültige Text, erzählt Hohl weiter. Dabei sei es wichtig gewesen, wirklich eine multikulturelle Theatergruppe zu bilden.
Reginaldo Angelin Frazao zum Beispiel stammt aus Brasilien. Er wohnt seit fünf Jahren in Dresden. Der gelernte Altenpfleger fand Gefallen am Theaterspiel als Freizeitbeschäftigung. Im Stück ist er vor allem für die Musik zuständig. Er trommelt und spielt die brasilianische Gitarre. Juliane Schüler kommt aus Tharandt. Sie studiert in Dresden Philosophie und Germanistik, während Amir Maksudov ebenfalls einen direkten Migrationshintergrund hat. Seine Eltern kamen vor sieben Jahren aus Usbekistan. Dort hatten sie wegen verschiedener Religionszugehörigkeiten Probleme. Denn Amirs Mutter ist Jüdin, der Vater Moslem. Heute studiert der junge Mann Marketing und Management, auch um später vielleicht einmal seinem Land in wirtschaftlichen Entwicklungsfragen helfen zu können, erzählt Amir.
Laienkünstler suchen Bühnen
Fast alle Theaterworkshop-Gäste waren zum ersten Mal im Großhennersdorfer Begegnungszentrum. Nicht nur Arbeit, sondern auch längere Spaziergänge zur Entspannung im herrlichen Frühlingswetter gehörten zum Programm. Deshalb würden die jungen Leute ihr Stück auch gern in der Oberlausitz zeigen und suchen dazu noch geeignete Kontakte für Auftrittsmöglichkeiten.