Sie weiß, wie schlecht es dem Wald geht

Sabine, Xanthippe und Yulia sind über die Wälder des Forstbezirkes Neustadt hinweggezogen. Etwa 15.000 Festmeter Schadholz in Landeswald ließen sie zurück. Das ist gar nicht mal so viel, weiß Kerstin Rödiger, Pressesprecherin beim Sachsenforst im Forstbetrieb Neustadt. Insgesamt 14 Reviere links und rechts der Elbe bis nach Fischbach und Großröhrsdorf gehören dazu. Bis Ende März halte die Wintersturmsaison noch an, weiß sie. Zum Vergleich: Die Stürme von Januar bis März 2019 haben viel mehr Unheil angerichtet. Insgesamt 70.000 Festmeter Schadholz waren es vor einem Jahr.
"Überall dort, wo durch den Borkenkäfer Freiflächen entstanden sind, hat der Wind ein leichtes Spiel", sagt Kerstin Rödiger. Die größten Sturmschäden bislang sind wohl im Hohwalder Revier mit bis zu 4.000 Festmetern entstanden. Das sei auch ein Beispiel dafür, wie schnell Stürme jetzt borkenkäferbedingt Schäden anrichten können. Generell werde ein Wald "stufig" aufgebaut, sodass der Wind nach oben getragen wird, weiß die Expertin. Allerdings gehe die Strategie aufgrund des Borkenkäferbefalls nicht mehr auf. Die Waldkanten enden abrupt oder es bleiben einzelne Bäume ungeschützt stehen. Diese wiederum fallen Stürmen zum Opfer. Erst in etwa zehn Jahren könnte die Struktur wieder gesunden.
Die Revierförster sind derzeit unterwegs, um zum Beispiel auch Einzelwürfe festzustellen. Sie arbeiten sich GPS-gestützt vor und können so ganz genau die Position des Baumes an die Forstarbeiter weitergeben. Die Sturmschäden werden derzeit noch beräumt. Allein im Berggießhübler Revier wurden schon 2.300 Festmeter Holz aus dem Wald geschafft. Generell laufen die Arbeiten in allen Gebieten weiter, zum einen um die Sturmschäden zu bearbeiten und zum anderen um die Borkenkäfer-Bäume zu fällen.
Große Aufgabe ist es jetzt, das Holz schnell aus dem Wald zu bringen. Denn die Borkenkäfer lauern bereits im Nadelboden und warten, bis es wärmer wird. "Die Käfer, die jetzt neu starten, sind noch geschwächt, kriechen also in das noch liegende Holz und können sich so ernähren. Wenn das Holz weg ist, finden sie aber keine Reserven und sterben ab", sagt Kerstin Rödiger. Aber es folgen weitere Generationen und das mit schnellem Tempo. Deshalb muss das Holz schnell aus dem Wald geholt werden. Auch das bereits aufgeschichtete Holz an den Wegrändern muss weg. Der Sachsenforst hat es schon mehrmals angeboten, dass Privatpersonen sich Brennholz aus dem Wald holen können. Das wurde gut angenommen. Außerdem gibt es Rahmenverträge für die Abnahme von Holz. Der Preis sei zwar generell im Keller, dennoch müsse man versuchen, es weiter zur verkaufen. Und auch das unverkaufte Holz muss weg. Das wird dann in Außenlager gebracht, die etwa 500 Meter vom nächsten Fichtenbestand entfernt sein müssen.

Rentner und Studenten auf Käferjagd
Die Experten im Forstbezirk Neustadt erwarten nach ersten Strategiegesprächen für 2020 leider eine ähnliche Entwicklung wie bereits 2019. "Es war nie richtig kalt. Wir haben aber gehofft, dass der Borkenkäfer bei nasskaltem Wetter wenigstens verpilzt. Doch das ist nach den Einschätzungen unserer Revierförster so nicht eingetreten", sagt Kerstin Rödiger. Man geht davon aus, dass im April wieder die Schwarmflüge der Borkenkäfer beginnen. Und dann braucht es viele Helfer, die neu befallenen Bäume aufzuspüren. Der Forstbezirk Neustadt wird dazu auch Verträge mit Rentnern oder Studenten abschließen, die bei der Suche helfen, sagt Kerstin Rödiger. Wer Interesse hat, kann sich bereits im Forstbezirk Neustadt melden. Bedingung ist jedoch, dass sich diejenigen auch mit der Materie auskennen, also zum Beispiel Waldarbeiter im Ruhestand.
Darüber hinaus wurde festgelegt, dass der Sachsenforst in besonders gefährdeten oder schwierigen Gebieten verstärkt im Privat- und im Körperschaftswald unterstützt. Das heißt, dass der Sachsenforst das Fällen der Bäume und den Verkauf übernimmt. Als ein erstes solches Vorranggebiet wurde das Revier Bad Gottleuba ausgewiesen, vor allem auch wegen der steilen bewaldeten Hänge im Müglitztal.
Dort, wo die Bäume gefällt werden mussten, kommen wieder neue hin. Aktuell wird da in den Revieren Fischbach und Großröhrsdorf aufgeforstet, durch die eigenen Mitarbeiter. Der Sachsenforst geht aber auch da in diesem Jahr erstmals neue Wege und setzt auf viele Helfer. "Wir haben bislang verschiedene Pflanzaktionen für Schulen angeboten. Ab sofort rufen wir aber auch zu Aktionstagen in den Revieren auf, an denen sich Freiwillige an Baumpflanzaktionen beteiligen können", sagt Kerstin Rödiger.
Neu entstehende Wälder sind anders
Dirk-Roger Eisenhauer, Abteilungsleiter des Kompetenzzentrums für Wald und Forstwirtschaft beim Sachsenforst, hat sich generell mit dem Zustand Sachsens Wälder auseinandergesetzt und verschiedene Thesen aufgestellt. Für ihn haben die Witterungsverläufe in den Jahren ab 2017 den Einbruch in die Fichten- und Kiefernwälder eingeleitet, der nicht als ein einzelnes Ereignis sondern als Prozess verstanden werden muss. Als Folge seien negative Auswirkungen auf die Forstwirtschaft nicht auszuschließen. Zum einen geht es darum, ob die regionale Holzversorgung stetig funktioniert und zum anderen um die Einkommenssituation der Forstbetriebe.
Darüber hinaus müsse man sich auf die so neu entstehenden Wälder einstellen. In solchen Wäldern fließe zum Beispiel das Wasser nicht schnell an der Oberfläche ab und nimmt Humus und Boden mit sich, sondern sickert überwiegend in den Waldboden ein, weiß der Experte. Von dort aus wirkt es dann als Lebensgrundlage von Wäldern, Bächen und Flüssen. So entwickeln sich ausgeglichene Nährstoffkreisläufe, die dann wiederum unseren heimischen Wäldern und deren Fortbestand zugutekommen.
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