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Süßer Saft

Gestern ist auf der Bienenweide der erste Neugersdorfer Honig hergestellt worden. Dafür gibt's vielleicht sogar einen Preis.

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Von Romy Kühr

Mit einem Plopp flutscht der Honig aus dem Hahn. Langsam tropft die zähe, goldgelbe Flüssigkeit in den Eimer. Das ist er, der erste Honig von der Neugersdorfer Bienenweide. Sofort halten die Kinder ihre Finger unter den Hahn und fangen die ersten Tropfen auf. „Hm, das schmeckt lecker“, ruft Clara ein bisschen undeutlich. Sie hat den Finger noch im Mund. Imker René Schieback hat gestern den ersten Honig auf der Bienenweide hergestellt. Schieback gehört zum Verein Lebens(T)räume, der die Wiese im vergangenen Jahr angelegt hat. Clara und die anderen Kinder aus der Schlegler Kita „Spatzennest“ konnten dabei sein.

Clara aus der Kita „Spatzennest“ in Schlegel kostet den ersten Honig von der Neugersdorfer Bienenweide. Sie besuchte gestern mit anderen aus ihrer Kita den Verein Lebens(t)räume in Neugersdorf, der hier eine Bienenweide angelegt hat. Kindern vermittelt er
Clara aus der Kita „Spatzennest“ in Schlegel kostet den ersten Honig von der Neugersdorfer Bienenweide. Sie besuchte gestern mit anderen aus ihrer Kita den Verein Lebens(t)räume in Neugersdorf, der hier eine Bienenweide angelegt hat. Kindern vermittelt er

So haben sie miterlebt, dass es viel zu tun gibt, bevor der Honig auf dem Brötchen landet. Über eine Stunde zuvor sind sie gemeinsam mit Imker Schieback über die nasse Bienenwiese gewatet. Auf einem Teil des ehemaligen Lautexgeländes hat der Verein Bienenfreundliche Blumen und andere Pflanzen gesät. Seit März stehen hier vier Bienenvölker in Holzkisten. Aus einer der Kisten zieht René Schieback ganz vorsichtig einen viereckigen Holzrahmen heraus. Bei näherem Hinsehen erkennt man darauf ganz viele kleine, sechseckige Löcher. Schieback hält eine Bienenwabe in der Hand. Die Kinder müssen vorsichtshalber Abstand halten. „Die Bienen wollen dem Honig hinterher“, erklärt Schieback. Denn im Prinzip mopst der Imker den Bienen ihren Honig. Für die Insekten ist der süße Saft Nahrungsmittel. „Ein Bienenvolk produziert pro Jahr etwa 200 bis 300 Kilogramm Honig“, so Schieback. Nur ungefähr 30 bis 50 Kilo davon erntet der Imker. Den Rest benötigen die Bienen selbst als Futter.

Nachdem die Wabe geborgen ist, geht's in das ehemalige Feuerwehrdepot auf dem Gelände. Hier hat die Stadt ein schickes Bildungszentrum eingerichtet. Der Verein nutzt es unter anderem für seine Veranstaltungen mit Kindern, wie an diesem Tag. Imker Schieback hat schon vorgearbeitet. Am Vortag hat er etliche Waben aus dem Bienenstock geholt. „Wir wussten ja nicht, wie schlecht das Wetter heute wird“, sagt er mit sorgenvollem Blick zum Himmel. Aus dem gießt es schon wieder. Kein gutes Wetter für die Bienen. Bei Regen fliegen sie nicht raus. Und das ist schlecht für die Honigernte. Ein paar Waben sind in den letzten Wochen dennoch voll geworden. Sie müssen nun vom Wachs befreit werden. Vorsichtig kratzen die Kinder mit einem Gerät, das aussieht wie eine große Gabel, den Wachsdeckel von den Waben. „Sonst kommt der Honig nicht raus“, erklärt Imker Schieback. Dann stellt er die Waben in eine große Edelstahltrommel, die mit einem Deckel verschlossen wird. Das ist die Honigschleuder. Sie wird mit einer Kurbel bedient. Immer schneller dreht sich das Innenleben, der Honig wird dadurch aus den Waben an die Gefäßwand geschleudert. Unter den begeisterten Rufen der Kinder kurbelt René Schieback. In der Schleuder läuft der Honig nach unten, sammelt sich am Boden der Trommel. Die hat unten einen Hahn, wo schließlich der Honig rauskommt. Ganz fertig ist er aber immer noch nicht. Jetzt muss er durch ein Sieb gegossen werden. „Sonst haben wir Wachsreste drin oder auch mal ein Bienenbein“, sagt Schieback. Das sei zwar auch nicht ungesund, aber so könne man den Honig schlecht verkaufen.

Künftig will der Neugersdorfer Verein regelmäßig Honig schleudern. Mitte, Ende Juli werden die Waben wieder voll sein, schätzt Vereinsimker Schieback. Bis genügend Honig produziert wird, dass er verkauft werden kann, wird noch einige Zeit vergehen. Viel wichtiger ist den Vereinsleuten aber, den Menschen zu zeigen, wie das gesunde Nahrungsmittel Honig eigentlich entsteht und welche wichtige Funktion die Bienen im Ökosystem haben. Davon können sich Besucher auch diesen Sonnabend zum ersten Honigfest überzeugen.

Mit seinem Bienenprojekt hat der Verein Lebens(T)räume sich um den Sächsischen Umweltpreis beworben. Ob er ihn gewinnt, stellt sich am 6. Juli heraus. Dann werden in Dresden die Gewinner des Preises bekanntgegeben, den das Sächsische Umweltministerium auslobt. Außer dem Neugersdorfer Verein haben sich aus der Region noch beworben: die Bergquellbrauerei Löbau, die Kokoshandweberei Olbersdorf, die Sowag Zittau, die Kulturfabrik Mittelherwigsdorf, die Oberlausitzstiftung. Der Preis ist mit insgesamt 50 000 Euro dotiert, die aber gewöhnlich unter mehreren Preisträgern aufgeteilt werden.

Honigfest auf dem Lautexgelände: Sonnabend, 1. Juni von 11 bis 16  Uhr