Von Ulrike Körber
SZ-Leser sind beunruhigt: Warum sind die Talsperren Klingenberg und Lehnmühle so voll? Und das bei den derzeitigen Unwetterwarnungen? Die Antwort: Dresden braucht Trinkwasser. Das Doppelte der sonstigen Leistung muss die Klingenberger Talsperre momentan leisten.
„Die Talsperren in Klingenberg und Lehnmühle sind randvoll. Und Ende letzter Woche hatten wir wieder eine Unwetterwarnung. Was ist hier eigentlich los?“ Die Tharandterin Ulrike Roloff ist fassungslos. Sie befürchtet, dass bei erneuten heftigen Niederschlägen die Talsperren wieder eine Gefahr darstellen und überlaufen könnten.
Trotz Unwetterwarnung keine Sorge um Talsperren
„Ich weiß, dass die Menschen beunruhigt sind,“ sagt Andreas Wendt, Bereichsleiter der Talsperren Malter, Lehnmühle und Klingenberg. „Es besteht jedoch keine Gefahr“, versichert er. Laut Wettermeldung sind Niederschläge bis 50 Liter pro Quadratmeter angekündigt. Diese Menge könnten die Talsperren ohne Probleme aufnehmen. „Denn“, so erklärt Wendt, „in Klingenberg haben wir noch Staumöglichkeiten für 2,12 Millionen Kubikmeter Wasser. Normal ist ein Vorhaltebereich von 1,96 Millionen Kubikmeter. Und in der Lehnmühle sieht es noch günstiger aus.“ Dass die Bürger die vollen Talsperren argwöhnisch betrachten, kann Andreas Wendt verstehen. „Die meisten können sich noch an den Wasserstand vom letzten Jahr erinnern. Da hatten wir eine lange Trockenzeit und entsprechend niedrig stand das Wasser. Das ist für viele nun ein Maßstab.“ Wendt gibt aber zu bedenken, was die letzten Jahre lehrten: Nach dem Hochwasser gibt es eine Trockenperiode. Sollte sich dieser Zyklus wiederholen, wäre es seiner Meinung nach unklug, die Talsperre abzulassen.
Für Andreas Wendt ist die jetzige Situation eine Gratwanderung zwischen zwei Entscheidungen. Auf der einen Seite heißt es: Wasser ablassen. Auf der anderen Seite ist die Trinkwassertalsperre derzeit die einzige Quelle, aus der die Leitungen für Dresden und den gesamten Weißeritzkreis gespeist werden. Da alle Hochwasserstauräume geleert wurden, hat die Wasserversorgung Priorität. „Wasserwerke in Dresden funktionieren nicht mehr. Die Talsperre Klingenberg muss 1,2 Kubikmeter Wasser pro Sekunde an das Wasserwerk in Coschütz liefern. Das ist doppelt so viel wie sonst.“
Eberhardt Walther, Betreiber der Talsperre, ist froh, dass das verschmutze Wasser überhaupt wieder aufbereitet werden kann. Auch versteht er die vielen Vorwürfe nicht, dass die Talsperren zur Hochwasserzeit zu voll gewesen seien und so die Katastrophe ausgelöst hätten. „Alle drei Talsperren konnten damals 8,5 Millionen Kubikmeter Wasser zurückhalten. 40 Millionen Kubikmeter Wasser sind aber zugeflossen.“ Das konnte seiner Meinung nach keine Talsperre halten. Auch nicht, wenn sie leer gewesen wären. Besonders kritisiert wurde die Malter-Talsperre. 20 Millionen Kubikmeter Wasser hätte sie mehr fassen müssen. Das war unmöglich.
Inzwischen ist die Talsperre Malter teilweise abgelassen worden. Doch stehe, so Walther, das Wasser nicht niedriger als in anderen Jahren im Sommer. Weiter werde sie nicht geleert. Zur Hoffnung vieler Bürger, dass die Talsperre Malter nicht wieder so viel Wasser aufnehmen wird und damit wieder ihrer eigentlichen Bestimmung, dem Hochwasserschutz, gerecht wird, kann Walther nichts sagen.
Keine neuen Konzepte für Talsperrennutzung
Er habe keine Information, dass die Malter anders als bisher bewirtschaftet werden soll. „Obwohl ich mir vorstellen könnte, dass diese Frage diskutiert werden wird.“ Doch die Entscheidung darüber liege beim Umweltministerium und den Fachämtern. Doch auch dort weiß man nichts Genaues. „Es gibt noch keine konkreten Vorstellungen oder Konzepte, wie in Zukunft Hochwasserkatastrophen verhindert bzw. zumindest in ihren Auswirkungen minimiert werden können“, sagt die stellvertretende Sprecherin des Umwelministeriums, Irina Düvel. „Gespräche finden zwar statt. Doch wir werden uns vor Schnellschüssen hüten.“ Die Entscheidungen müssten fundiert sein und individuell ausfallen.