Von Heiko Engel
Mehrere hundert Aussiedler leben in Bautzen, sie kommen aus Russland, Kasachstan und anderen Teilen der ehemaligen Sowjetunion. Viele sind mit ihrer alten Heimat in Verbindung geblieben, wollen russische Lebensmittel, Bücher oder Heiligenbilder einkaufen. Eine Marktlücke, die Swetlana Fedorova und Nelli Kaiser ausfüllen. Die beiden Frauen betreiben einen Kiosk neben Kaufland in Bautzen-Gesundbrunnen. Swetlana Fedorova eröffnete außerdem einen Laden in der Bahnhofstraße.
Nelli Kaiser ist sicher, dass Aussiedler und Einheimische nicht nur Bedarf an Leckereien wie dem wahnsinnig süßen Halva – die bröselige Spezialität wird aus Sonnenblumenkernen hergestellt –, russischem Bier, Kwas oder Salzheringen haben. Sie will im Kiosk an der belebten Kreuzung auch Piroschki mit Weißkraut und Kartoffeln sowie Pelmeni zubereiten. Die 50-Jährige kam vor fünf Jahren mit ihren Eltern und zwei Söhnen in den Freistaat. In ihrer alten Heimat unterrichtete die Ingenieurin für Nahr ungsmitteltechnologie an einer Berufsschule. Hier lebte sie vor allem von ALG II, denn nach einer Fortbildung in der Hauswirtschaft fand sie keine Arbeit.
Auch Swetlana Fedorova hofft, mit den beiden Geschäften aus der Sozialhilfe herauszukommen. „Ich will etwas Geld verdienen.“ Die studierte Erzieherin wohnt in Dresden, kam vor zehn Jahren mit den Eltern, der Schwester und ihrem Mann nach Deutschland. Im Ural habe sie einen Kindergarten geleitet, später in Sachsen Lebensmittel verkauft, berichtet die 56-Jährige beim Plauderstündchen in ihrem Laden in der Bahnhofstraße. Die 27-jährige Tanja Susal aus Bautzen hilft weiter, wenn Swetlana Fedorova die Worte ausgehen.
Gemütlicher Treffpunkt fehlt
Nicht nur russische Lebensmittel stapeln sich in den Regalen. Vor allem auch Bücher sind im Angebot: Romane, Kinderbücher, Kochbücher warten auf Käufer. „Das wird nachgefragt, die Leute lesen viel zu Hause“, sagt Tanja Susal. Sie kommt aus einer Stadt in Mittelrussland, 400 Kilometer von Moskau entfernt, seit 1999 lebt sie in Deutschland, lernte zügig Deutsch und arbeitete einige Zeit als selbstständige Versicherungsvertreterin.
Irgendwann soll es im Laden von Swetlana Fedorova auch Kaffee und Tee geben, sagt Tanja Susal. „In Russland gibt es viele Orte, wo sich Menschen zum Kaffee treffen. So ein Treffpunkt fehlt in Bautzen.“