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Tanzen in letzter Sekunde

Vor der Hochzeit noch schnell den Wiener Walzer lernen? In Radebeul ist das möglich.

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Jenny und Martin sind schon seit fast sechs Jahren ein Paar und wollen sich nun trauen. Beim Kennenlernen hat Jenny den ersten Schritt gemacht. Nun ist er dran.
Jenny und Martin sind schon seit fast sechs Jahren ein Paar und wollen sich nun trauen. Beim Kennenlernen hat Jenny den ersten Schritt gemacht. Nun ist er dran. © Arvid Müller

Von Beate Erler

Radebeul. Wie Johnny und Baby in Dirty Dancing über das Parkett schweben. Oder eine flotte Sohle aufs Parkett legen. Die Hochzeitsgäste beim Eröffnungstanz so richtig beeindrucken. Das wollen viele Brautpaare, aber die Realität sieht meist anders aus: „Für eine Hochzeit gibt es so viel zu planen, und da fallen die Musik und der Tanz meist hinten runter“, sagt Juliane Thomas, die Tanzlehrerin bei der Tanzschule Linhart in Radebeul ist. Den meisten Paaren fällt kurz vorher ein: Oh, tanzen müssen wir ja auch noch! Und genau für sie hat die Tanzschule ein besonderes Angebot: einen zweitägigen Hochzeitstanz-Crashkurs.

Am Samstagnachmittag haben sich zwei Paare in der Tanzschule auf der Zillerstraße eingefunden, aber nur eines wird bald heiraten. Jenny und Martin sind schon seit fast sechs Jahren ein Paar und wollen sich nun trauen. Beim Kennenlernen hat Jenny den ersten Schritt gemacht: Sie arbeitete in Dresden in einer Bäckerei im Verkauf, und er kam jeden Tag mit einem Kollegen von der Baustelle vorbei. „Irgendwann habe ich mich dann getraut und ihn angesprochen“, sagt sie. Die beiden haben noch nie einen Tanzkurs gemacht: „Wir sind schon aufgeregt, aber wir wollen unseren Hochzeitsgästen etwas bieten“, sagt Martin.

Die Crashkurse für Hochzeitspaare gibt es seit zehn Jahren, so lange wie es die Tanzschule Linhart in Radebeul schon gibt. Im April haben sie zehnjähriges Bestehen gefeiert: „Wir haben immer viele Anfragen bekommen“, sagt die Mutter des Tanzschulinhabers, Sabine Linhart. Sie steht heute hinter der Theke und versorgt die Tanzschüler in der Pause mit Getränken. „Viele wollen nicht unbedingt Privatstunden nehmen, sondern das Tanzen einfach mal ausprobieren oder auch auffrischen“, sagt sie.

Die ersten Schritte sind gar nicht so leicht. Bis zu fünf Tänze werden geübt: Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Discofox, Foxtrott und Merengue.
Die ersten Schritte sind gar nicht so leicht. Bis zu fünf Tänze werden geübt: Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Discofox, Foxtrott und Merengue. © Arvid Müller

Jedes Jahr in den Sommerferien bietet die Tanzschule diese Crashkurse an. Immer an einem Wochenende am Samstag und Sonntag können die Pärchen in zwei Kursen für ihren Hochzeitstanz üben. Für heute ist Juliane Thomas für ihren Tanzerfolg verantwortlich. Sie hat ihre Ausbildung zur zertifizierten Tanzlehrerin gerade abgeschlossen. Drei Jahre dauert die duale Ausbildung, in der sie die praktischen Kurse in der Radebeuler Tanzschule und die Theorie in einer Schule in Jena gelernt hat.

Zu viel will sie den Teilnehmern aber auch nicht versprechen, denn schließlich geht der Kurs nur über vier Stunden: „Sie werden nach dem Kurs nicht wie beim Semperopernball über die Tanzfläche schweben“, sagt sie und lacht. Aber sie will, dass die Teilnehmer am Ende des Kurses die Tänze begriffen haben und die Grundschritte beherrschen, auf denen sie dann aufbauen können. Bis zu fünf Tänze werden geübt: Langsamer Walzer, Wiener Walzer, Discofox, Foxtrott und Merengue.

Der Crashkurs soll das Brautpaar sozusagen über den Abend retten, sie sollen zu jeder Art von Musik tanzen können und die Standards beherrschen. So zum Beispiel auch, wie man die Dame überhaupt erst einmal auf die Tanzfläche führt. Außerdem bekommen sie Tipps für das Musik- und Tanzprogramm.

Inzwischen stehen die zwei Paare im Tanzsaal der Schule: ein Parkettfußboden, eine Spiegelwand, ein Klavier und ein großes Regal mit jeder Menge CDs zur Auswahl. Zum Eintanzen wählt Juliane Thomas das offizielle Lied der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 von Shakira. „Das Wichtigste haben Sie dabei“, ermuntert sie die noch etwas unsicheren Teilnehmer, „nämlich Ihren linken und Ihren rechten Fuß“. Die ersten Schritte wirken noch etwas steif und ungelenk, aber je länger die Musik läuft, desto mehr tauen sie auf.

Das bereits verheiratete Paar, das sich auf die Hochzeit des Sohnes vorbereitet und wissen will, ob es nach dem Eröffnungstanz noch bestimmte Traditionen gibt: „Ist der zweite Tanz dann meiner Frau und unserem Sohn bestimmt?“ Und Jenny und Martin, die am 24. August heiraten wollen und schon fleißig üben. Ein paar Koordinationsschwierigkeiten gibt es aber zu Beginn noch: Wer fängt noch mal mit welchem Fuß an?

Dabei ist das ganz einfach, erklärt die Tanzlehrerin gleich zu Beginn: „Beim Tanzen hat immer der Herr die schöne Aufgabe zu führen“, sagt sie. Die Dame muss sich einfach mitnehmen lassen. Auf los geht’s los. Jenny und Martin blicken sich tief in die Augen und lachen strahlend. „Schieben Sie Ihre Frau durch den Raum“, ruft die Tanzlehrerin.