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Tausende Sachsen unterschreiben für Kopfnoten

Der Lehrerverband will die Noten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung behalten. Das hat prominente Unterstützer.

Von Andrea Schawe
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© Robert Michael

Mehr als 4.380 Unterschriften in elf Tagen: Die Online-Petition des sächsischen Lehrerverbandes für Kopfnoten hat viele Unterstützer. Die Lehrer setzen sich dafür ein, die Noten für Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung in den Zeugnissen zu behalten. In den nächsten sieben Wochen wollen sie 12.000 Unterschriften sammeln und dann die Petition dem zuständigen Ausschuss im Landtag übergeben.

Das Verwaltungsgericht Dresden hatte diese Art der Benotung im Oktober erneut für rechtswidrig erklärt. Die Richter gaben der Klage eines sächsischen Schülers statt, der sich dagegen gewehrt hatte, dass in seinem Zeugnis der 9. Klasse sowie im Halbjahreszeugnis der 10. Klasse persönliche Kopfnoten aufgeführt sind. Er vertrat die Auffassung, dass die Angabe von Kopfnoten seine Chancen verringerten, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. 

Die Verwaltungsrichter entschieden, Kopfnoten seien nur zulässig, wenn der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung im Schulgesetz getroffen hat. Die gebe es bislang aber nicht, eine Rechtsverordnung des Kultusministeriums reiche nicht aus. Damit hielt das Gericht an einer früheren Entscheidung fest. Es hatte damals per Eilverfahren entschieden, dass dem Schüler ein Zeugnis ohne Kopfnoten auszuhändigen ist. In der Vergabe von Kopfnoten sehen die Richter einen Eingriff in Grundrechte des Schülers, besonders in die Berufsfreiheit. Auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf elterliche Erziehung werden beeinträchtigt. Das Landesamt für Schule und Bildung will auch diesmal gegen das Urteil in Berufung gehen.

„Die sächsischen Lehrerinnen und Lehrer erteilen Kopfnoten nach feststehenden Kriterien und sehr verantwortungsbewusst“, sagt Jens Weichelt, Vorsitzende des sächsischen Lehrerverbandes. Anhand der Noten könnten Kinder und Eltern den Stand der Erziehungsziele erkennen, heißt es. Die Einschätzung des Arbeits- und Sozialverhaltens sei außerdem für künftige Arbeitgeber ein wichtiges Kriterium. Mit der Petition will der Verband ein deutliches Zeichen in Richtung Landespolitik setzen.

Mit Erfolg: Als einer der ersten unterzeichnete Kultusminister Christian Piwarz (CDU) die Petition. Neben mehreren aktuellen und ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten unterstützt auch Fraktionschef Christian Hartmann das Anliegen. Dass sich die CDU für Kopfnoten ausspricht, machte schon Ministerpräsident Michael Kretschmer deutlich: „Ich bin ein großer Befürworter der Kopfnoten, denn wir wollen nicht nur fachliche Bildung, sondern auch soziale Bildung.“

"Subjektive Persönlichkeitsbewertung"

Für die Grünen sind Kopfnoten ein „Relikt vergangener Tage“, SPD und Linke befürworten individuelle Beurteilungen. Lehrkräfte könnten die sozialen Kompetenzen der Schüler beschreiben und ihre besonderen Stärken herausstellen, sagte SPD-Bildungspolitikerin Sabine Friedel. „Das hätte mehr Informationswert als das Einpressen einer Schülerpersönlichkeit in vier circa 100 Jahre alte Kategorien.“ Auch der Landesschülerrat lehnt Kopfnoten ab. „Bei der Erstellung von Kopfnoten wird eine sehr subjektive Persönlichkeitsbewertung des Schülers oder der Schülerin vorgenommen“, sagt Joanna Kesicka. Sporadische Beobachtungen des Verhaltens würden aber kein umfangreiches Bild des Schülers oder der Schülerin zeichnen. Der Schülerrat fordert daher eine schriftliche Einschätzung des Schülerverhaltens – wie in jüngeren Klassen.

Sollte das angekündigte Berufungsverfahren am Oberverwaltungsgericht in Bautzen scheitern, fordert der Lehrerverband eine Änderung des Schulgesetzes, damit es weiterhin Noten in Betragen, Fleiß, Mitarbeit und Ordnung gibt. Der Gesetzgeber müsse zügig handeln. Auch die AfD will Kopfnoten behalten. Der Sächsische Handwerkstag sprach sich ebenfalls für den Erhalt der Kopfnoten aus.