Von Martin Schaarschmidt
Der pensionierte Landwirt Karl-Heinz Mehner zeigt mit der Hand hinunter zum Gosebach. Das Gewässer wurde zu DDR-Zeiten begradigt. Der Bach war die Flurstücksgrenze, die Bachänderung wurde aber nie neu eingemessen. „Das soll mit der ländlichen Neuordnung bereinigt werden“, sagt der Bauer, der im Vorstand der eigens dazu gegründeten Teilnehmergemeinschaft von 800 Dieraer Grund- und Bodeneigentümern tätig ist.
Flurstücksgrenzen wurden in der DDR missachtet
Vor fünf Jahren wurde für die Altgemeinde Diera das Neuordnungsverfahren staatlich angeordnet. Jahrzehntelang hatten die LPGs das uneingeschränkte Nutzungsrecht. Die Folge davon war, dass die Flurstücksgrenzen missachtet wurden, erklärt Karsten Leue vom Amt für ländliche Neuordnung Kamenz (AflN). Außerdem seien viele Flächen zersplittert. Zum Teil kämen die Nutzer gar nicht mit Wirtschaftsfahrzeugen an ihre Flächen.
Mit dem Neuordnungsverfahren sollen diese Konflikte beseitigt werden. Das heißt: Erarbeitung eines Wege- und Gewässerplans, Vermessung, Wegebau, Aufwertung der Landschaft durch Anpflanzung von Bäumen und Hecken.
Das alles kostet eine Menge Geld, wird aber äußerst günstig gefördert. 86 Prozent der Mittel kommen über das AflN von Land, Bund und EU. Die Eigentümer müssen zusammen einen Eigenanteil von 14 Prozent bringen. Umgerechnet sind das 100 Euro pro Hektar.
Zur Teilnehmergemeinschaft zählt jeder Eigentümer, der Eigenheimbauer mit 500 Quadratmetern gehört genauso dazu wie der Bauer mit -zig Hektar. „Da greift das Solidarprinzip“, meint Mehner und verweist zugleich darauf, dass alles demokratisch zugeht. „Der gewählte Vorstand hätte auch beschließen können, dass hier nichts passiert, und dann hätte niemand zahlen müssen.“ In Diera aber sollte etwas passieren. Inzwischen ist der Kirchweg, die kürzeste Verbindung von Nieschütz nach Zadel, kein holpriger Feldweg mehr, sondern eine schmale, glatte Asphaltpiste mit Ausweichstellen und Feldzufahrten. Dasselbe Bild bietet sich auf dem Schulweg von Kleinzadel und am Leichenweg Richtung Naundörfel. Hier sind zudem bereits 60 neue Bäume angepflanzt worden.
Natürlich haben viele gefragt, was für einen Vorteil sie davon haben. Da musste der Vorstand gut argumentieren. „Die Bauern müssen den Mist und die Gülle nicht länger durchs Dorf fahren, die Hecken schützen vor der Winderosion, so dass die Wäsche nicht mehr staubig wird, die Kinder kommen mit dem Rad jetzt besser in die Schule, und auf den neuen Wegen kann man auch den Hund ausführen“, erzählt Mehner augenzwinkernd. Ergebnis: Es gibt zwar einige Einsprüche, aber 95 Prozent der Eigentümer haben bezahlt.
Hohe Forderungen der
Naturschutzbehörden
Nicht ganz so locker nimmt der ehemalige LPG-Vorsitzende die Forderungen der Naturschutzbehörden. Jede Versiegelung durch die neuen Wege muss durch Neuanpflanzung von Bäumen und Sträuchern ausgeglichen werden. Dafür hat Mehner Verständnis. Aber dass zum Beispiel für den Weg von Neumühle nach Naundörfel kein Bitumen verwendet werden durfte? „Hier mussten wir Rasengittersteine nehmen und für Radfahrer eine geschlossene Spur pflastern. Schweren Herzens haben wir zugestimmt.“
Aber von den Leuten im Dorf hatte sich der Vorstand dann anzuhören: „Da habt Ihr aber teuer gebaut mit unserem Geld.“
Doch zugleich ist Mehner stolz, dass die grüne Landschaft in Zadel noch grüner wird. Am Ortsrand zeigt er einen 1 500 Quadratmeter großen Betonplatz, früher Kohlenlager. „Die Fläche wird entsiegelt, wir werden hier einen kleinen Park anlegen“, sagt er und kann sich eine weitere Bemerkung nicht verkneifen: „Wenn wir die Natur nicht pflegen, wer sonst? Ein Beamter am Schreibtisch macht es nicht.“