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Teure Straßen

Erstmals beschließen die Stadträte einen Doppelhaushalt. Ein Grund: Manche Vorhaben dauern mehrere Jahre.

Von Ines Luft
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Nicht nur die Anwohner hoffen, dass diese Arbeiten 2019 abgeschlossen werden: die Straßenbaustelle in der Ortsdurchfahrt in Volkersdorf. Fußwege und Straßenbeleuchtung kosten die Stadt Radeburg eine Million Euro, Fördermitteln werden erwartet.
Nicht nur die Anwohner hoffen, dass diese Arbeiten 2019 abgeschlossen werden: die Straßenbaustelle in der Ortsdurchfahrt in Volkersdorf. Fußwege und Straßenbeleuchtung kosten die Stadt Radeburg eine Million Euro, Fördermitteln werden erwartet. © Norbert Millauer

Radeburg.  Bürgermeisterin Michaela Ritter (parteilos) braucht einige Zeit, bis sie in der jüngsten Ratssitzung die vielen Zahlen vorgetragen hat. Die Satzung der Stadt für die Haushaltsjahre 2019/20. Mit Ergebnis- und Finanzhaushalt, dazu alle Beträge für zwei Jahre. Radeburg beschließt zum ersten Mal einen Doppelhaushalt, für 2019/20. Bloß gut, dass nicht auch noch Centbeträge hinterm Komma verlesen werden müssen, wird in den Reihen der Stadträte gewitzelt.

Eine kleine Lockerungsübung, denn auch dieser Haushalt ist ein ernstes Thema und schwerwiegend, nicht nur hinsichtlich der Papierseiten. Weshalb tut sich die Stadt dann die Arbeit gleich für zwei Jahre an? Weil sie sonst jedes Jahr wieder mit allem von vorn beginnen muss und sowieso eine mittelfristige Planung über fünf Jahre macht, außerdem lasse sich nicht alles in einem Jahr realisieren, sagt Michaela Ritter. Nicht zuletzt haben die Mitarbeiter mit den Jahresabschlüssen jede Menge zu tun.

Das bestätigt Kämmerer Gerald Schneider, er hofft, dass die Arbeitsrückstände bei den Jahresabschlüssen aufgeholt werden können und durchs Ausfinanzieren über mehrere Jahre Kontinuität für große Projekte erreicht wird.

Zu diesen Vorhaben zählen 2019/20 die Schlüsselinvestitionen Erweiterung der Oberschule Radeburg sowie Erschließungsgebiet Großenhainer Straße. Noch im Mai soll der Vorentwurf für das Wohngebiet beschlossen werden. Auf circa 4,1 Hektar sind etwa 40 Einfamilienhaus-Grundstücke vorgesehen. Die Stadt als Landeigentümer will das Areal vorbereiten, Straßen und Kanäle bauen.

Um eine Kreditaufnahme fürs Finanzieren der Erschließung komme man nicht herum, sagt die Bürgermeisterin. Allerdings biete die jetzige Niedrigzinsphase gute Voraussetzungen. Die Erträge aus dem Grundstücksverkauf sollen helfen, den Erweiterungsbau der Oberschule zu bezahlen.

Geplant ist laut Haushaltssatzung eine Kreditaufnahme bis zu 3,9 Millionen Euro. Mit dem neuen Kredit geht die Verschuldungskurve nach oben, in den vergangenen Jahren sank sie stetig. Auch 2019 werden weiter Schulden abgebaut, sagt der Kämmerer. Die Restkredite zum 31. Dezember 2019: rund 1,5 Millionen Euro. 2020, mit Kreditaufnahme, wird die Zahl steigen, auf rund 4,95 Millionen. Trotzdem kann sich die Stadt bezüglich der kommunalen Pro-Kopf-Verschuldung – zulässig in Sachsen maximal 850 Euro pro Einwohner – dann immer noch sehen lassen. Selbst inklusive Kreditaufnahme käme sie 2020 auf nur 682 Euro pro Einwohner.

Mit den Investitionen in Wohnen und Schule will Radeburg Voraussetzungen für Wachstum schaffen, die demografische Stabilität stärken, sich verjüngen. Angesichts des recht hohen Altersdurchschnitts der Einwohner ist das nötig, sagt die Bürgermeisterin. Aber nicht nur Wohn- und Schulpläne verlangen finanzielles Engagement. Die Stadt hat es vor allem im Straßenbau mit Geldfressern zu tun. Michaela Ritter nennt die Ortsdurchfahrt Volkersdorf. Sie soll 2019 fertig sein, kostet die Stadt eine Million Euro, für Fußwege und Straßenbeleuchtung. Zwar gibt es 90 Prozent Fördermittel, doch erst mal muss die Summe zwischenfinanziert werden.

Grundsteuer B steigt

Der Ausbau der Straße Röderaue beschäftigt die Kommune ebenfalls. Für Straße und Trinkwasserleitung zahlt sie insgesamt rund 850 000 Euro, für beides werden anteilig Fördermittel erwartet. Nicht zu vergessen der Stützmauerbau an der Promnitz in Bärnsdorf und die 1,34 Millionen Euro teure Umgestaltung des Radeburger Marktes. Bei Letztgenanntem ist der Bürgermeisterin der Hinweis wichtig, dass alle Dinge, die dort für den Karnevalsklub eingebaut werden – so die Zeltverankerungen – durch den Klub bezahlt werden.

Über kommunales Geld wird bekanntermaßen auch außerhalb des Rathauses viel geredet, über Wünsche, Abgaben, Investitionen. Um so mehr verwundert es, dass kein einziger Einwohner die Chance nutzte, die kürzlich ausgelegten Unterlagen zu begutachten, sich dazu zu äußern, sagt Michaela Ritter. Gerade mal drei Besucher kamen zur Haushalts-Ratssitzung.

Dort hätten die Radeburger auch erfahren können, wie es mit ihren Abgaben weitergeht. Konkret mit dem Hebesatz für die Grundsteuer B. Der steigt von 395 auf 427 Prozent, derzeit der Durchschnittssatz für Städte der Größenklasse zwischen 5 000 und 10 000 Einwohner – in Radeburg lebten 2018 laut Meldestelle 7 349 Einwohner. Acht Jahre hatte die Stadt am niedrigeren Wert festgehalten.

Den muss sie nun dem Kämmerer zufolge wie alle anderen Kommunen erhöhen, wegen der Haushaltslage. Neben der Gewerbesteuer gilt die Grundsteuer als eine der wichtigsten Einnahmequellen für die Kommunen.