Von Andrea Schawe
Eigentlich sollte es in der Sondersitzung des Tharandter Stadtrates vor Kurzem nur um den aktuellen Haushalt gehen. Der Antrag der Landesdirektion zur Nutzung der ehemaligen forstlichen Fortbildungsstätte in Grillenburg als Erstaufnahmelager für Asylbewerber schaffte es auch noch auf die Tagesordnung. Seit Juni nutzt der Freistaat das Haus als Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz, ausgelegt ist es für bis zu 80 Asylbewerber. Etwa 70 Asylbewerber leben in Grillenburg.
Bürgermeister Silvio Ziesemer (parteilos) erklärte, dass der Freistaat das Gebäude längstens bis Ende 2016 nutzen will. Erst dann werden die geplanten neuen Unterkünfte in Dresden, Leipzig und Chemnitz fertig sein. „Nach aktuellem Stand wird Grillenburg nur dann gebraucht, wenn alle anderen Einrichtungen voll sind.“
„Die Gemeinde kann nur aus baurechtlicher Sicht zu dem Antrag Stellung nehmen“, sagte Bauamtschef Andreas Hübner. „Aus dieser Sicht ist das Gebäude für eine Einrichtung mit sozialem Zweck zulässig.“ Das mag zwar sein, sagte Stadtrat André Kaiser (Freie Wählergemeinschaft). „Ich halte den Standort aber für nicht geeignet.“ Außerdem werde die Entwicklung des Ortes behindert, weil die Forstschule bis Ende 2016 nicht anders genutzt werden könne. Stadtrat Thomas Ulbricht (Freie Wählergemeinschaft) sah das ähnlich. „Nach dem Baugesetz sollte sich die Nutzung des Gebäudes in das Umfeld einfügen.“ Das sei in dem 120-Einwohner-Dorf nicht der Fall.
In dem Ort inmitten des Tharandter Waldes gibt es keine ärztliche Grundversorgung, keinen Supermarkt, nur eine dürftige Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und eine lückenhafte Mobilfunk- und Internetversorgung. „Das wird massiv bemängelt“, sagte Ulbricht. Auch gebe es Probleme mit der Busverbindung. „Es gab Fälle, wo die Asylbewerber nicht mitgenommen wurden.“
Zu klären wäre außerdem noch die Müllentsorgung, die derzeit Probleme bereitet. Auch die Küche kann noch immer nicht genutzt werden. „Das wollen sowohl die Asylbewerber als auch die Anwohner“, sagt Bürgermeister Silvio Ziesemer.
Der Stadtrat stimmte gegen den Antrag der Landesdirektion. Der laufende Betrieb des Hauses in Grillenburg bleibt davon aber unbeeinflusst. Das Landratsamt könne auch gegen den Willen der Kommune eigenmächtig Plätze schaffen, sagte Tharandts Bürgermeister.
Schon im Juni hatte die Landesdirektion die Belegung des Gebäudes per Polizeigesetz beschleunigt.