Tiefkühlkost: Mehr Angebote für Privatkunden

Hauswalde. Ungewohnte Stille in der Telefonzentrale. Um diese Uhrzeit gehen normalerweise Bestellungen ohne Pause ein. Den Raum erfüllt Stimmengewirr. Es geht um Nudeln, Gewürze, Fleisch oder Gemüse. Von den zehn Frauen sind derzeit oft nur drei oder vier im Einsatz und die müssen manchmal auf den nächsten Anruf warten. An diesem Tag haben sie schon Schluss gemacht. "Es war furchtbar für uns, als die Telefone immer länger still blieben“, berichtet Betriebsleiter René Hertelt.
Der Tiefkühlkost Fachgroßhandel (TKH) in Hauswalde läuft derzeit nur noch auf Sparflamme: „Auch bei uns ist inzwischen leider Kurzarbeit angesagt“, sagt der Betriebsleiter. 65 bis 70 Leute beschäftigt der Großhändler. Derzeit ist gut die Hälfte noch im Einsatz. Zwei Drittel des Geschäfts und des Umsatzes seien weggebrochen.
Das hat vor allem zwei Gründe. Die Tiefkühlkost beliefert Großküchen für die Schulspeisung, und die ist weggefallen. Außerdem ist TKH einer der wichtigsten Partner für die Gastronomie in Ostsachsen zwischen Riesa und Görlitz, bis ins Osterzgebirge und die Sächsische Schweiz. Rund 700 Gaststätten gehören zu den Kunden. Die Zwangspause dort schlage auf die Tiefkühlkost durch, beklagt der Geschäftsmann.
Toilettenpapier nicht lieferbar
Zu DDR-Zeiten war hier ein Kartoffellager mit Schälküche. Jetzt lagern in Hauswalde auf mehreren Tausend Quadratmetern Fläche über 4.000 Produkte. 60 Prozent der Ware des Großhändlers kommt aus dem Frost. 40 Prozent sind Frischwaren, Gemüse, Konserven und andere Zutaten sowie Nebenprodukte wie Toilettenpapier. Das sei aber derzeit immer noch nicht lieferbar.
Bei Nudeln sehe es wieder besser aus, sagt der Chef und klopft auf eine Fünf-Kilo-Packung Bandnudeln aus Riesa. In Vor-Corona-Zeiten habe TKH jede Woche Nudelnachschub aus der Elbestadt geholt, rund 5.000 Kilogramm. Jetzt würde eine Fahrt in zwei Monaten reichen, um sich einzudecken. Derzeit beschränken sich die Lieferungen auf Pflegeheime und Krankenhäuser, einige Gastronomen, die sich mit Bestellservice über Wasser halten, ein paar Tankstellen.
Auf dem Weg durchs Lager zum Wagenpark türmen sich die Waren. Ein Lagerist packt Gitterrollwagen für die Fahrer. Die beladen dann in den frühen Morgenstunden ihre Kühl-Fahrzeuge. Die sind für ihre gelbe Farbe bekannt, wenn sie übers Land rollen. „Derzeit erhalten sie eine moderne Optik in der Grundfarbe Weiß“, erklärt René Hertelt. Mit einem markanten Produktfoto, zum Beispiel leckeren Steaks in Wagenbreite.
Von den 22 Kühlfahrzeugen ist jetzt meist nur die Hälfte unterwegs. Auch die Touren wurden komplett umgestrickt, zusammengelegt und müssen jeden Tag angepasst werden, da die Bestellungen nicht mehr so planbar sind wie in normalen Zeiten. Von 21 Touren pro Tag sind noch zwölf geblieben.

Eine führt am nächsten Tag in Richtung Kamenz und Königsbrück: unter anderem mit Butter und Kartoffelpüree und Fruchtcocktail für eine öffentliche Einrichtung. Vor dem nächsten Fahrzeug parkt die Box mit Ware für einen Catering-Service - mit Nudeln, Milch und Bautzener Senf gleich im Zehn-Liter-Eimer. Eine Fleischerei wartet schon auf Pflanzenfett. Die Boxen wären im Normalfall bis oben gefüllt und drei Lageristen in der Halle, sagt Hertelt.
Aus dem Frischwarenlager weht unterdessen ein kaltes Lüftchen. Bei Temperaturen knapp über Null lagert hier verderbliche Ware wie Joghurt, frische Salate und Eier. Die Bestände sind zusammengeschmolzen. „Wir können nicht mehr so viel vorhalten, weil sonst das Mindesthaltbarkeitsdatum abläuft und die Lebensmittel unverkäuflich werden. Zwölf große Europaletten hoch gestapelt mit Gemüse gingen sonst täglich auf die Reise, jetzt manchmal nur zwei.
Monatlich 8.000 Euro für Strom
Das Ostergeschäft sei eine Katastrophe gewesen. Sechs bis sieben Tonnen Lamm hätten die Kunden sonst in den Restaurants verspeist. 300 Kilogramm habe er diesmal nur an einen Lieferdienst verkaufen können, sagt Hertelt.
Wie andere Großmärkte versuche die TKH den Privatverkauf anzukurbeln. Im Internet können die Kunden die Produktlisten einsehen, per Telefon oder E-Mail bestellen und die Ware im Ladenraum abholen. Dort sind auch direkt Bestellungen möglich. Natürlich bestimme die Großpackung das Geschäft. Aber heutzutage habe doch jeder ein Gefriergerät, sagt der Chef.
Er hofft, dass es auch für die Gastronomie als wichtigstem Kunden bald zu Lockerungen der Corona-Auflagen kommt. „Wir bezahlen jeden Monat 8.000 Euro für den Strom. Der Zähler dreht sich weiter, auch wenn der Umsatz einbricht.“ Wenn das Geschäft auf Sparflamme weiterlaufe, sei das vielleicht einige Monate durchzuhalten: Aber nur dann.
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