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Tierpark: Streicheln endlich wieder erlaubt

Nach der Corona-Zwangspause hat die Anlage in Bischofswerda wieder geöffnet. Das tut auch den Tieren gut.

Von David Berndt
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Magnus und sein großer Bruder Ragnar aus der Nähe von Stolpen zählten zu den ersten Besuchern im wieder geöffneten Tierpark in Bischofswerda. Vor den Wollschweinen im Streichel-Gehege hatten sie keine Angst.
Magnus und sein großer Bruder Ragnar aus der Nähe von Stolpen zählten zu den ersten Besuchern im wieder geöffneten Tierpark in Bischofswerda. Vor den Wollschweinen im Streichel-Gehege hatten sie keine Angst. © SZ/Uwe Soeder

Bischofswerda. Ziegen und Minischweine schauen sehnsüchtig nach draußen. „Nun kommt schon herein!“ Das haben sie natürlich nicht gesagt, aber vielleicht gedacht? Magnus und sein großer Bruder Ragnar schlüpfen gemeinsam mit ihrer Großmutter flink ins Streichelgehege. Nicht, dass eins der Tiere noch ausbricht nach 46 Tagen. So lange war der Tierpark in Trägerschaft der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung in Bischofswerda geschlossen. Am vergangenen Montag durfte der kleine Zoo endlich wieder öffnen, was Leiterin Silvia Berger besonders freut. „Was ist schon ein Tierpark ohne Besucher? Das kann man sich nicht vorstellen.“ 

Am Dienstag streifen Magnus und Ragnar aus der Nähe von Stolpen an Alpakas, Hühnern, Bären, Papageien, Äffchen und Waschbären vorbei, während hörbar im ganzen Zoo Enten quaken, Gänse schnattern und Esel schreien. Andere Kinder flitzen über die gepflegten Wege zwischen Rotbuche, Hainbuche und Silberahorn. Zwei Brüder spielen in der Bärenburg Verstecken. „… 18, 19, 20! Ich kooooomme!“ Wiesen und Beete mit rauschend rosa blühenden Tulpen leuchten im zarten Sonnenschein, der sich hin und wieder zwischen die Wolken schiebt. Auch ohne das Hinweisschild käme bei diesem Postkaren-Anblick wohl niemand auf die Idee, diese Grünfläche zu betreten. 

Viele Besucher gehen auffällig langsam, fast bedächtig schreitend durch einen der kleinsten Tierparks in Sachsen. Als gelte es, alles aufs Neue zu entdecken, diesen Vormittagsausflug ganz bewusst zu genießen, einmal mehr hinzuschauen, hinzuhören, hinzufühlen. Nicht aber ein kleiner Hahn, der zielstrebig aus seiner Anlage auf den Besucherweg flattert und kräftig krähend umherstolziert bis zur großen Glasscheibe vor dem Bärengehege und wieder zurück. Für eine Tierpflegerin, die gerade vorbeikommt, ist das nichts Neues. „Er macht seinen Kontrollgang.“

Frustrierte Papageien

Manche Tiere ziehen ihr Ding durch, Besucher hin oder her. Laut Tierpark-Chefin Silvia Berger haben sie anderen aber gefehlt. „Bei den Eseln oder den Tieren im Streichel-Gehege können wir gut beobachten, wie sie sich über den Kontakt und die Berührungen sowie das Futter von den Menschen freuen. Uns ist auch aufgefallen, dass manche Papageien zuletzt ein bisschen frustriert waren, weil niemand mehr vor ihnen stand, dem sie was nachplappern konnten.“ 

Mit den Besuchern zieht nicht nur Leben in den Tierpark ein, sondern es fließt auch wieder Geld in die Kasse. Die Einnahmen aus den vergangenen Wochen fehlen natürlich. Ostern war bestes Tierpark-Wetter, nur eben ohne zahlende Gäste.

An guten Wochenend-Tagen kämen bis zu 500 Besucher, bei Veranstaltungen können es bis zu 1.000 sein, wie Silvia Berger sagt. „Es gibt aber auch ganz viel Positives, wofür wir uns herzlich bedanken wollen. Wir haben viele Sach- und Geldspenden und enorm viel Zuspruch erhalten, etwa auf Facebook. Aber erst am Ende des Jahres können wir eine Bilanz ziehen und im besten Fall mit den anstehenden Feiertagen und in den Ferien finanziell ein wenig aufholen.“ Das könnte sogar funktionieren. Bis zum Freitagvormittag waren immerhin schon circa 1.000 Besucher im Tierpark.

Einbahnstraßen-System für Besucher

140 dürfen es aktuell zur selben Zeit sein. Diese Zahl richtet sich nach der Wegefläche. Es ist eine von vielen Auflagen, die Silvia Berger und ihre Mitarbeiter umsetzen müssen. Die Besucher laufen im Einbahnstraßen-System durch den kleinen Zoo, sollen 1,50 Meter Abstand voneinander halten und beim Verlassen durch das Foyer eine Maske tragen. Ins Streichel-Gehege dürfen nicht mehr als vier Personen.

Da sind die Ziegen und Minischweine locker in der Überzahl und lassen sich gern berühren, gerade von den Kleinsten, die mit Matschhosen und Gummistiefeln zwischen ihnen hindurchwackeln. Die kleinen Ferkel jagen sich derweil ungestört. Und zwischendurch laufen Mitarbeiter durch den Zoo, die derzeit neben der Pflege der Tiere vor allem eine Aufgabe haben: die Abstandsregeln überwachen sowie Türklinken, Griffe und Toiletten desinfizieren.

Dass der Tierpark überhaupt am 4. Mai wieder öffnen konnte, ist für Silvia Berger nicht selbstverständlich. „Erst am Freitagnachmittag zuvor kamen von den zuständigen Ämtern die nötigen Informationen und Vorgaben. Das ist natürlich sehr kurzfristig, da hätten wir uns mehr Vorlauf gewünscht.“ Zumal der Tierpark-Chefin noch etwas ganz Wichtiges fehlt. „Unsere neun Mitarbeiter mit Behinderung sind noch nicht im Einsatz.“

Das dürfen sie aufgrund einer Corona-Allgemeinverfügung noch nicht, bestätigt Lebenshilfe-Geschäftsführer Raimo Henneberg. Derzeit erledigen die gesamte Arbeit im Tierpark sechs Festangestellte, zwei FÖJler und sechs ehrenamtliche Helfer. Ohne Letztere würde der Betrieb gar nicht laufen.

Bis auf die vorübergehende Schließung des Bärencafés wegen Personalmangels bekommen die Besucher von diesen Schwierigkeiten genauso wenig mit wie die Tiere. Enten und Gänse gleiten gemütlich übers Wasser oder putzen sich im Sonnenschein. Ein Großvater hat seinen Enkel auf den Arm genommen und ahmt beherzt verschiedene Tiergeräusche nach. 

Bevor für den Viertklässler Ragnar am vergangenen Mittwoch wieder der Unterricht in der Schule startete, konnte er mit seinem Bruder Magnus Sachkunde hautnah im Tierpark erleben, zum Beispiel mit Ziegen.
Bevor für den Viertklässler Ragnar am vergangenen Mittwoch wieder der Unterricht in der Schule startete, konnte er mit seinem Bruder Magnus Sachkunde hautnah im Tierpark erleben, zum Beispiel mit Ziegen. © SZ/Uwe Soeder
Im Streichelgehege sind derzeit Minischweine und Ziegen in der Überzahl, denn es dürfen nur vier Personen  zur selben Zeit hinein.
Im Streichelgehege sind derzeit Minischweine und Ziegen in der Überzahl, denn es dürfen nur vier Personen  zur selben Zeit hinein. © SZ/Uwe Soeder
Bekannt ist der Tierpark vor allem für seine Bären.  Seit 2010 ist der Bär auch das Leittier des Zoos. 
Bekannt ist der Tierpark vor allem für seine Bären.  Seit 2010 ist der Bär auch das Leittier des Zoos.  © SZ/Uwe Soeder
Zu den 60 Tierarten zählen unter anderen Waschbären.
Zu den 60 Tierarten zählen unter anderen Waschbären. © SZ/Uwe Soeder
Während der Schließung des Tierparks waren einige Papageien ein bisschen frustriert, weil niemand vor ihnen stand, dem sie was nachplappern konnten.  
Während der Schließung des Tierparks waren einige Papageien ein bisschen frustriert, weil niemand vor ihnen stand, dem sie was nachplappern konnten.   © SZ/Uwe Soeder
Jetzt freuen sich die Papageien wieder über Besucher und bekommen genug Vorlagen zum Nachahmen.
Jetzt freuen sich die Papageien wieder über Besucher und bekommen genug Vorlagen zum Nachahmen. © SZ/Uwe Soeder

Dieser Text wurde am 11. Mai um 8.55 Uhr aktualisiert. Das Tragen einer Maske ist für Besucher des Tierparks derzeit ausschließlich beim Verlassen des Geländes durch das Foyer vorgeschrieben. 

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