Von Maria Fricke
Roßwein. Sein eigener Hund ist einem Mann in Roßwein zum Verhängnis geworden. Als er am frühen Sonnabendnachmittag mit seinem Rottweiler spazieren ging, habe der Hund seinen Halter gebissen. Dies bestätigte ein Polizeisprecher am Dienstagvormittag. „Der 47-jährige Hundehalter ist gebissen worden und infolgedessen verstorben, aber nicht an dem Biss, sondern möglicherweise an dem erlittenen Schock“, sagte Andrzej Rydzik. Die Begleiterin des Mannes habe den Rettungsdienst alarmiert, ergänzte ein weiterer Mitarbeiter der Pressestelle am Nachmittag.
Warum der Hund den Mann angefallen hat, dazu machte die Polizei keine Angaben. Ebenso offen ließ sie, wo genau in der Stadt Roßwein sich das Unglück ereignet hat. Obwohl die Polizei am Sonnabend mit vor Ort gewesen sei. Unbestätigten Informationen zufolge soll der Vorfall im Bereich Goldene Höhe passiert sein. Die Beamten hätten jedoch keine Ermittlungen in dem Fall aufgenommen. „Wenn ein Bürger von einem Hund angefallen und verletzt wird, ermitteln wir normalerweise wegen fahrlässiger Körperverletzung gegen den Halter“, so Andrzej Rydzik. Ist der Betroffene infolge der Verletzungen verstorben, werde gar wegen fahrlässiger Tötung ermittelt. Doch da in Roßwein der Besitzer selbst betroffen war, konnten die Beamten nichts tun.
Hund wurde eingeschläfert
Wie Rydzik informierte und das Landratsamt bestätigte, ist der Hund nach dem Angriff eingeschläfert worden. Übernommen habe dies ein Tierarzt nach Rücksprache mit dem Veterinäramt, informierte André Kaiser. Als Begründung gab der Kreissprecher an, dass von dem Tier im Hinblick auf den Vorfall eine große Gefahr ausgehe. Der sich am Wochenende im Einsatz befindliche Tierarzt wollte sich zu dem Fall nicht äußern. Amtlich veranlasst worden ist die Entscheidung, das Tier einzuschläfern, offenbar nicht, wie aus den Aussagen Kaisers hervorgeht. „Im Landkreis Mittelsachsen sind auf amtliche Veranlassung bisher keine Hunde eingeschläfert worden. Der Hund war zuvor dem Amt nicht bekannt“, ergänzte der Kreissprecher.
Die Gründe, warum der Hund seinen Halter angegriffen hat, sowie nähere Angaben zu dem Tier, blieben am Dienstag unklar. Im Ordnungsamt der Stadt Roßwein war der Fall bis dahin nicht bekannt. Auch andere, angefragte Roßweiner hatten von dem Unglück noch nichts gehört. Weil die Polizei keine Ermittlungen aufgenommen hat, hielt auch diese sich mit detaillierten Informationen bedeckt. Mit Verweis auf den Datenschutz ließ der Kreisverband Döbeln-Hainichen des Deutschen Roten Kreuzes, der im Altkreis für den Rettungsdienst zuständig ist, keine weiteren Informationen an die Öffentlichkeit dringen. Das Landratsamt bestätigte lediglich, dass das Tier eingeschläfert worden ist.
Dass der Hund seinen Halter angegriffen hat, kann verschiedene Ursachen haben, sagt Annett Fleckeisen. Die 46-Jährige betreibt in der Muldestadt eine Hundeschule. Von dem Vorfall hatte sie, wie viele andere in der Stadt auch, am Dienstag noch nichts gehört. „Es kann sein, dass der Hund einen Tumor hatte. Dieser kann solche Affekt-Reaktionen hervorrufen“, sagte die Hundetrainerin. Möglich sei jedoch auch, dass in der Beziehung zwischen Hund und Halter etwas nicht gestimmt habe und der Hund bei dem Spaziergang am Sonnabend die Gelegenheit genutzt habe, seinem Ärger darüber Luft zu machen. „Ich kann nicht sagen, was genau vorgefallen ist“, betonte Fleckeisen, der kein Rottweiler-Halter aus Roßwein bekannt sei. Denkbar sei auch, dass der Halter gestürzt sei und vom Hund als Beute angesehen wurde. „Rottweiler haben einen starken Beutetrieb“, so die Expertin. Gerade das führe immer wieder zu Übergriffen auf Kinder oder Ältere. Die Tiere würden die gestürzte Person als Beute ansehen und im Kopf auf Jagd umschalten.
Bereits 22 Beißattacken im Kreis
In welchen Verhältnissen der Rottweiler gelebt hat, blieb am Dienstag unklar. „Ein Rottweiler ist kein Hund, den man nebenbei hält“, sagte Fleckeisen. Es sei notwendig, mit dem Hund zu arbeiten. Ab und zu kämen auch Kunden der Hundeschule mit einem Rottweiler. „Den Tieren sieht man gleich an, was aus ihnen wird. Man muss früh anfangen, Probleme abzustellen, damit sie nicht zum Selbstläufer werden“, sagte Fleckeisen. Als gefährliche Hunderasse zählen Rottweiler laut sächsischem Gesetz nicht. Als solche eingestuft sind die Rassen Pitbull, Bullterrier und American Stafford. Für die Haltung solcher Tiere benötigen die Hundefreunde eine Erlaubnis sowie den Nachweis über den Abschluss einer besonderen Haftpflichtversicherung.
In Mittelsachsen ist es nicht der erste Fall in diesem Jahr, bei dem ein Rottweiler auf sich aufmerksam gemacht hat. Ende September hat ein Rottweiler-Mischling in Freiberg eine 57-Jährige sowie eine 69-Jährige angegriffen. Letztere wurde schwer verletzt und musste stationär im Krankenhaus versorgt werden. Der Mann, der den Hund ausführte, verließ damals den Ort des Geschehens, ohne der Frau zu helfen. Die Ermittlungen der Polizei ergaben, dass es sich bei dem Mann um einen Bekannten des Halters gehandelt hatte, der den Hund ausgeführt hatte. Der 35-Jährige räumte beide Übergriffe ein und gab an, unter Alkoholeinfluss gestanden zu haben.
In Mittelsachsen gab es bis 21. November 22 Beißattacken von gefährlichen Hunden, in den Jahren 2016 und 2015 sind jeweils 19 Übergriffe registriert worden.