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Tornados lassen Mensch und Tier erzittern

Ein Aufschrei geht durch die Sächsische Schweiz. Naturschützer laufen Sturm gegen die Trainingsflüge der Luftwaffe über der Sächsischen Schweiz, besonders über dem Nationalpark. Klettersportler empören sich über die Tornados und Migs über ihren Köpfen.

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Von Heidi Körner

Ein Aufschrei geht durch die Sächsische Schweiz. Naturschützer laufen Sturm gegen die Trainingsflüge der Luftwaffe über der Sächsischen Schweiz, besonders über dem Nationalpark. Klettersportler empören sich über die Tornados und Migs über ihren Köpfen. Tourismusleute fürchten, dass der langsam anlaufende Fremdenverkehr leidet.

Kletterer Jans Zenker aus Pirna erlebte einen solchen „Angriff“. Er kletterte kürzlich mit Freunden am Türkenkopf im Rathener Gebiet. Der Schreck fuhr den Sportlern in die Knochen, sie kehrten um. Und informierten die Nationalparkverwaltung. Deren Chef, Jürgen Stein, befindet sich längst im Krieg gegen die Bundeswehr. „Die militärischen Tiefflüge verstoßen gegen EU-Recht“, steht für ihn fest. Er mobilisiert, wen er in diesem Kampf auf seine Seite bekommen kann. Die sächsische Regierung habe er bereits überzeugt. Die laufe jetzt in Berlin und Bonn Sturm. Die Zeit drängt. Denn im Frühjahr beginnt die Wander- und Klettersaison und die Brutzeit der Tiere. Nur noch 14 Wanderfalken-Paare ziehen in Sachsen ihre Jungen auf – im Nationalpark Sächsische Schweiz.

Ehrenamtliche Naturschützer wachen von März bis Mai jedes Wochenende, dass niemand deren Gelegen zu nahe kommt. „Und dann sowas“, kann auch Reinhard Wobst die Praktiken der Luftwaffe nicht verstehen. Die Frau des Dresdners opfert auch ihre Wochenenden für die Wanderfalken. Wobst selbst ist aktiv im Sächsischen Bergsteigerbund. „Die Jagdflieger und Bomber habe ich schon erlebt. Im Basteigebiet genauso wie im Bielatal. Die halten nicht mal die Mindestflughöhe ein“, hat der Naturfreund beobachtet.

Das bestätigt auch Jürgen Stein. „Die Piloten dürfen maximal 150 Meter über das höchste Hindernis fliegen. Doch sie scheinen die Täler als Anhaltspunkt zu nehmen“, vermutet der Nationalparkchef.

Die geschützte Natur, darunter auch der vom Aussterben bedrohte Uhu, werde gefährdet. „Und wir als Nationalparkbehörde werden unglaubwürdig. Wir strafen Sportflieger oder Wanderer ab, die sich nicht an die Regeln halten. Und der Staat duldet die Jets über dem Schutzgebiet“, schimpft Stein. Und erhält von Bürgern Rückendeckung.

Vor wenigen Tagen rief der Pirnaer Helmut Hesse in der Pirnaer SZ-Redaktion an. Er hatte besorgt Tiefflüge über Wehlen, der Bastei und Mockethal beobachtet. Am Montag empörte sich Gastwirt und Vermieter Ralf Himm aus Ottendorf. „Unsere Gäste werden abkassiert, wenn sie die Wanderwege verlassen oder Nistplätzen zu nahe kommen. Und die Flieger donnern über die geschützten Gebiete. Da flüchten ja die letzten, so mühsam behüteten Uhus und Falken“, fürchtet Himm.

Das Luftwaffenamt in Köln gibt sich gegenüber der Presse kühl. Es würden genehmigte Übungs- und Testflüge mit Bombern und Jagdflugzeugen absolviert, so die Behörde. Doch die Mindestflughöhe von 150 Metern werde eingehalten. An ein Ende der Tiefflüge denken die Militärs offenbar nicht. „Dazu gibt es aus derzeitiger Sicht keinen Anlass“, sagte ein Sprecher.

Das sehen Naturschützer, Kletterer und Wanderfreunde anders. Sie wollen über öffentlichen Protest auf diesen Angriff auf die geschützte Natur aufmerksam machen. Jürgen Stein hofft jetzt auf den Landtag. Dort hat der PDS-Abgeordnete André Hahn das Thema auf die Tagesordnung gesetzt.

Bürgertelefon des Luftwaffenamtes Köln (kostenlos): 0800/8 62 07 30