Von Dirk Schulze
Sebnitz. Früher war das keine große Sache. Da wurden im Herbst einfach die Schieber am Staudamm gezogen, und die Strömung der Kirnitzsch spülte den Sand aus der Oberen Schleuse in Hinterhermsdorf von allein in Richtung Elbe. Sogar Wildwasserrennen wurden früher auf der dabei entstehenden Flutwelle gefahren. Doch das geht schon länger nicht mehr. Denn der Bachlauf führt mitten durch die Kernzone des Nationalparks. Flora und Fauna stehen hier jetzt unter besonderem Schutz. Das Wasser darf deshalb nur noch behutsam nach strengen Regularien abgelassen werden.
Durch die verminderte Strömung lagert sich immer mehr Sand am Boden des Stausees ab. Das wird zunehmend zum Problem für Kahnfahrt auf der Oberen Schleuse, einer der wichtigsten Zugpferde für den Tourismus in Sebnitz. Besonders im Bereich des Bootseinstiegs spitzt sich die Lage zu. Hier wird das Wasser immer flacher. Wenn Kähne auch in einigen Jahren noch Besucher über die angestaute Kirnitzsch gondeln sollen, ohne aufzusitzen, muss der Sand dort weg. Die Frage ist nur: Wie? Immerhin ist die Obere Schleuse mit schwerer Technik schlecht zu erreichen und liegt zudem mitten im Naturschutzgebiet. Im Sebnitzer Rathaus rechnet man deshalb mit Kosten von über 200 000 Euro.
Zumindest die Geldfrage scheint mittlerweile geklärt. Nach Gesprächen der Stadt Sebnitz mit der Landesdirektion Sachsen hat sich eine Fördermöglichkeit aufgetan. Um die Frage nach dem Wie zu beantworten, sucht die Stadtverwaltung jetzt ein Planungsbüro, das herausfindet, wie die abgelagerten Sedimente am besten beräumt werden können. Den Sand auszubaggern und per Lkw abzutransportieren, dürfte sich aufgrund der abgelegenen Lage als zu aufwendig und teuer erweisen. Als wahrscheinlichste Methode gilt laut Oberbürgermeister Mike Ruckh (CDU) derzeit eine Verlagerung der Sedimente innerhalb des rund 700 Meter langen Stausees. Der Sand würde dann vom flachen Einstiegsbereich in Richtung Staumauer gepumpt. Dort ist das Wasser etwa sieben Meter tief. Die Methode wäre mit den geringsten Eingriffen in die Natur verbunden. Fest steht aber noch nichts. Letztlich soll ein Planungsbüro jetzt erst einmal herausfinden, welche Variante die beste ist.
Im Sebnitzer Stadtrat stieß das Thema auf geteilte Reaktionen. „Es ging Jahrhunderte ohne Hin-und-her-Pumpen“, sagte Jörg Hempel von der Fraktion Mitsprache Stadt und Land. Auch CDU-Stadträtin Marion Berger konnte den angekündigten Aufwand nicht so ganz nachvollziehen. Als Ortsvorsteherin von Hinterhermsdorf begrüßte sie aber, dass das Ganze in Angriff genommen wird.
Allein für die Erstellung des Konzepts hat die Stadt jetzt 30 000 Euro lockergemacht, wobei 75 Prozent davon aus Fördermitteln gedeckt werden. Dabei geht es jedoch nicht nur um die Beräumung der Sedimente und darum, wie eine erneute Ablagerung künftig vermieden werden kann. Das Planungsbüro soll auch Vorschläge machen, wie die Kahnfahrt in Zukunft bewirtschaftet werden soll. Dazu gehören ein detaillierter Arbeitsplan und Vorschläge, wie die Anlage dauerhaft für Touristen attraktiv bleiben kann. Die Planer werden Parksituation, Zuwegung und Beschilderung sowie die Einrichtungen direkt an der Oberen Schleuse unter die Lupe nehmen. Dann sollen sie Modernisierungspotenziale und Maßnahmen für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Betrieb der Anlage erarbeiten.