Dramatische Szenen gestern Mittag in Neukirch/Oberlausitz: Ein Pferdegespann ist unterwegs, plötzlich gehen die beiden Pferde durch. Der Kutscher verliert die Kontrolle über die Tiere, das Gespann rast 200 Meter über die Fahrbahn. Der Fahrer eines entgegenkommenden VW erkennt die Situation und stoppt vorsorglich am Straßenrand. Er kann aber nicht verhindern, dass die aufgeschreckten Pferde die Kutsche gegen das Auto schleudern. Das Fuhrwerk kippt um. Die zwei Männer auf der Kutsche, 46 und 67 Jahre alt, werden dabei verletzt. „Ein Hubschrauber und ein Rettungswagen haben die beiden ins Krankenhaus gebracht“, schildert der Autofahrer später seine Erlebnisse. Der Schrecken sitzt ihm noch in den Gliedern. Zum Glück bleiben er und die drei weiteren Pkw-Insassen unverletzt.
Für eines der zwei Pferde kommt jede Hilfe zu spät. Es ist so schwer verletzt, dass ein Tierarzt es vor Ort von seinen Qualen erlösen muss. Das andere Pferd befindet sich noch in tierärztlicher Behandlung.
Unfälle mit Pferdegespannen sind in Sachsen keine Seltenheit. Nach Angaben des sächsischen Innenministeriums wurden in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres sieben Verkehrsunfälle mit sogenannten bespannten Fuhrwerken gemeldet. Seit 2009 waren insgesamt 48 Kutschen auf sächsischen Straßen in Unfälle verwickelt. Dabei verunglückten 68 Kutscher oder Beisitzer. Zwei Menschen starben, 23 wurden schwer verletzt, 43 leicht. Die Landesregierung sieht trotzdem „kein erhöhtes Gefährdungspotenzial durch Kutschen im Straßenverkehr“, heißt es von Innenminister Markus Ulbig (CDU). Ähnlich äußert sich der ADAC. Angesichts von mehr als 80 000 Unfällen jährlich auf Sachsens Straßen sieht man beim Automobilclub keine erhöhte Gefahr durch Kutschen. „Die wenigen Unfälle sind etwas Besonderes, weil meist auch die Tiere betroffen sind“, sagt ADAC-Verkehrsingenieur Markus Löffler. Kutschen müssten nach der Straßenverkehrsordnung genau wie alle anderen Fahrzeuge behandelt werden. „Man kann sie nicht einfach aus dem Straßenverkehr streichen“, so der Experte. (SZ)