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Frauen an die Macht? Im Volleyball ist das die Ausnahme

Bei den meisten Vereinen in der Bundesliga stehen nur Männer an der Spitze. In Dresden und Stuttgart ist das anders.

Von Alexander Hiller
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Am Donnerstag trifft der DSC in eigener Halle auf Stuttgart.
Am Donnerstag trifft der DSC in eigener Halle auf Stuttgart. © dpa/Rainer Jensen

Der Name lässt eigentlich keinen Zweifel zu: Volleyball-Bundesliga der Frauen. Frauen. Doch abseits des Spielfeldes gehört die Macht dem vermeintlich starken Geschlecht. Nur vier Führungspositionen in der höchsten deutschen Spielklasse sind mit Frauen besetzt, darunter sogar nur eine Cheftrainerin: Saskia van Hintum in Aachen. Bei etwa 30 möglichen Spitzenkräften in den zwölf Vereinen bedeutet das eine deutliche Schräglage.

Zu den Ausnahmen gehören Sandra Zimmermann, Geschäftsführerin der Volleyballerinnen des DSC, und Kim Renkema, Sportdirektorin beim Tabellenführer MTV Allianz Stuttgart. Beide Vereine treffen am Donnerstag, 18.45 Uhr, in Dresden aufeinander: passenderweise am Abend vor dem Internationalen Frauentag.

Wie aber ist dieses Missverhältnis zwischen Frauen und Männern zu erklären? Zimmermann und Renkema müssten es wissen. „Natürlich sind das zu wenige Frauen in Führungspositionen in der Volleyball-Bundesliga. Ich glaube aber, dass sich das gerade entwickelt“, sagt Kim Renkema. Die 31 Jahre alte Holländerin war nach fünf sportlichen Jahren in Stuttgart eines der prägenden Gesichter ihres Vereins, seit 2017 nun in gestalterischer Funktion. Ihre Kollegin aus Dresden ist bereits seit zehn Jahren im Amt. Mit 22 wurde die bis dato als Geschäftsstellenleiterin agierende Sandra Zimmermann befördert.

Führt die Geschäfte des Dresdner SC: Sandra Zimmermann.
Führt die Geschäfte des Dresdner SC: Sandra Zimmermann. © Amelie Jehmlich

„Damals hatte ich das große Glück, dass die Gremienvertreter den Mut und das Vertrauen hatten, sowohl zu fördern als auch zu fordern“, sagt die ehemalige Shorttrackerin heute. „Wenn mir damals einer gesagt hätte, wohin die Reise geht, hätte ich das nicht für möglich gehalten. Wir sind ja inzwischen ein mittelständisches Unternehmen“, sagt sie. Kim Renkema ergänzt: „Es sind natürlich auch Jobs, in denen sehr viel Zeit steckt.“ Sie verweist darauf, dass es zwar nicht immer einfach sei, eine solche Aufgabe zu übernehmen, ohne dass die Familie zu kurz kommt. „Es ist aber grundsätzlich möglich.“ Zimmermann erlebt selten einen Arbeitstag, der kürzer als zehn bis zwölf Stunden ist. „Hinzu kommt eine permanente Erreichbarkeit“, betont sie. Ihre Hauptaufgabe sehe sie darin, „Geld zu beschaffen und Öffentlichkeit zu generieren“. Das ist eine Aufgabe, die prinzipiell nie endet, bestätigt Renkema: „Die Arbeit verlangt 100 Prozent Einsatz oder noch mehr. Das muss man wollen, denn man muss dafür auch verzichten.“

Die ehemalige Angreiferin ist wie Zimmermann kinderlos. Noch. „Schauen wir mal. Ich glaube, das lässt sich vereinbaren. Ich arbeite gern und kann mir nur schwer vorstellen, lange aus dem Job rauszugehen“, erklärt Renkema, die in Amsterdam Kinder-Psychologie studiert hat. Der Wille, den eigenen Verein nach ihren Vorstellungen und Maßstäben zu prägen, eint sie mit Zimmermann. „Trotz der hohen Belastung habe ich große Freude daran, zu gestalten und die Entwicklung des Vereins mit voranzutreiben“, sagt die Dresdnerin.

Führt die sportlichen Belange in Stuttgart: Kim Renkema.
Führt die sportlichen Belange in Stuttgart: Kim Renkema. © Imago/Tom Bloch

Ergebnis dieses Prozesses ist, dass zwei der drei deutschen Top-Vereine von Frauen angeführt werden. Das kann doch kein Zufall sein. „Ist auch keiner“, sagt die Stuttgarter Sportdirektorin. „Frauen denken anders als Männer. Wenn beide im Klub Verantwortung tragen, kann man viel Kreativität herausholen“, glaubt sie. Sensibler als ihre männlichen Kollegen will sie sich nicht darstellen.

Apropos: Wie ist das Klima so im Männerkosmos Frauen-Bundesliga? „Ich fühle mich respektiert und angenommen. Aber es ist definitiv eine Männerwelt. Als Frau muss man stark in den Schuhen stehen“, sagt Renkema. „Die Zusammenarbeit mit den männlichen Kollegen ist sehr gut“, unterstreicht Zimmermann. Am Donnerstag treffen sich die Chefinnen in Dresden als Konkurrentinnen, aber vereint in ihrer Ausnahmestellung.