Gardinenladen ist umgezogen

Riesa. Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Im hinteren Teil der Hauptstraße hat ein neuer Laden eröffnet. Alteingesessene Geschäfte, wie das Modehaus Georg Haase, die Fleischerei Albrecht, das Schuhhaus Gründel oder auch die Parfümerie Vitalis, wird es freuen, dass im stilleren Teil der Einkaufsmeile wieder etwas mehr Leben eingezogen ist.
Gleich gegenüber der ehemaligen Commerzbank, die heute eine Tagespflege für ältere Menschen beherbergt, hat Ba Son Trinh seinen Gardinenladen eröffnet. Allerdings auch nicht ganz freiwillig. Denn wer gibt schon ohne Grund seinen Laden im Dunstkreis der Elbgalerie auf, wo viel mehr Menschen unterwegs sind?
Der Vietnamese hatte bis vor Kurzem noch sein Geschäft "Schatulle" an der Ecke Hauptstraße/Puschkinplatz. Auf rund 160 Quadratmetern konnte er dort gemeinsam mit seiner Frau zahlreiche Gradinen mit allerlei Mustern, weiß oder bunt, schmal oder breit anbieten. Das Laden war beliebt, besonders bei älteren Kunden, die noch Wert auf ordentliche Fenstervorhänge legen. 22 Jahre war er dort für seine Kunden da, um sie zu beraten und die passenden Gardinen auszusuchen.
Das macht er natürlich am neuen Standort mit der gleichen Leidenschaft und Freundlichkeit. Er lächelt. Auch wenn ihm nicht zum Lachen zumute ist. Denn seine Frau ist erkrankt. Weil er sich nebenbei liebevoll um sie die kümmert, ist der Laden am Puschkinplatz zu groß geworden. Denn schließlich muss auch die Miete gezahlt werden. Deshalb hat er sich umgesehen und ist in das Geschäft im hinteren Teil der Hauptstraße umgezogen.
Die Ladenfläche ist nur halb so groß. Aber Ba Son Trinh hofft, dass seine Stammkunden ihm treu bleiben und nun auch öfter Richtung Rathausplatz bummeln gehen. Der 61-Jährige, dem man sein Alter wegen der schwarzen Haare und dem jungen Gesicht überhaupt nicht ansieht, ist jedenfalls zuversichtlich. "Das ist auch gut für meine Nachbarn", sagt er. Das Geschäft nebenan betreibt auch ein vietnamesischer Händler. "Ohne uns Vietnamesen wären auf der Hauptstraße wohl noch mehr Geschäfte leer", so Trinh.
Seine Heimat sieht er nur selten. Seit 1977 lebt er in Sachsen, wurde in der DDR zum Zerspanungstechniker ausgebildet, machte später hier auch seinen Meister. Nach der Wende ging er mit seiner Familie nach Karlsruhe. Nach drei Jahren kamen die Trinhs aber wieder zurück.
"Ich bin mit den Leuten dort nicht warm geworden", sagt er und fügt hinzu: "Ich fühle mich in Sachsen sehr wohl." Seine drei Kinder seien hier geboren und aufgewachsen. Das verbindet. "Vietnam ist meine Heimat, aber Riesa mein Zuhause."