Wie geht‘s, Herr Kurzweil?
Danke, es geht mir gut. Auch im 38. Dienstjahr als Lehrer für Chemie und Mathematik macht es mir noch immer Freude, mein Wissen an die Schüler weiter zu geben.
Das neue Jahr hat auch Sie schon fest im Alltagsgriff. Denken Sie trotzdem noch gern an zwölf aufregende Tage im Juli 2007?
Allerdings. Im Sommer 2007 hatte ich die Möglichkeit, nach Gabun zu reisen. Dort besuchten wir das 1913 von Albert Schweitzer gegründete Urwaldhospital in Lambarene. Das war für mich die Erfüllung eines Kindheits- und Jugendtraumes. Schon damals faszinierte mich der „Urwalddoktor“, der im afrikanischen Regenwald der Leprakrankheit entgegen trat. Voller Hochachtung war ich auch vor seiner bemerkenswerten Vielseitigkeit. Denn Schweitzer war nicht nur Arzt, sondern auch Theologe, Musiker und Philosoph. Doch die Aufregung um diesen lange erträumten Besuch beschränkte sich keineswegs auf die zwölftägige Reise. Sie begann schon Mitte Mai mit den Reisevorbereitungen: Impfungen, Pass, Einreisevisum und Gastgeschenke – alles musste besorgt werden.
Eine solche Reise kann man nicht im Reisebüro buchen. Wie kamen Sie dazu?
Eberhard Wissel, ein guter Freund von mir, wir kennen uns schon seit der gemeinsamen Oberschulzeit in Bischofswerda, ist seit Jahren Mitglied der Albert-Schweitzer-Gesellschaft, die diese Exkursion veranstaltete. Unerwartet waren Mitglieder der Gruppe ausgefallen. Er fragte, ob ich einspringen wolle. Da habe ich sofort zugesagt.
Sie erwähnten Gastgeschenke. Was haben Sie mitgenommen?
Ich wusste, Freude machen kann man dort mit vielen Dingen. Bleistifte, Hefte, Kugelschreiber oder Plüschtiere für die Kinder. Ich hatte gehört, Brillen werden dringend gebraucht. Ich rief mit Unterstützung meiner Schüler eine Brillensammlung ins Leben. Schon einen Tag nach meiner Bitte, hielt ich die erste Kinderbrille in den Händen. 200 Brillen sammelten die Schüler. Die Mitglieder des Bischofswerdaer Museum- und Geschichtsvereins steuerten 100 Brillen bei. Auch von Bekannten bekam ich nicht mehr benötigte Sehhilfen. Schließlich konnte ich mit 350 Brillen im Gepäck die Reise antreten.
Welchen Weg nach Lambarene nahm Ihre Gruppe?
Mit dem Zug ging es für mich von Dresden nach Frankfurt/Main und weiter mit dem Flieger nach Paris. Dort traf die zwölfköpfige Reisegruppe das erste Mal zusammen. Älteste Teilnehmerin war eine 87-jährige Dame. Sie hatte in jungen Jahren während einer Konferenz mal neben Albert Schweitzer gesessen. Vom Flughafen „Charles de Gaulles“ aus flogen wir nach Libreville, der Hauptstadt der Gabunischen Republik. Dort blieben wir für eine Nacht, ehe wir am nächsten Tag nach Lambarene aufbrachen. Vor uns lagen 235 Kilometer Reiseweg, davon 90 Kilometer auf einer holprigen Schlaglochpiste.
Wie war diese Fahrt?
Etwas anstrengend, aber außerordentlich interessant. Wir passierten mit entsprechender Taufe den Äquator und bekamen entlang des Reiseweges einen ersten Eindruck über Lebens- und Handelsweise im Land. Alles was man sich denken kann, wurde in den Hütten angeboten: Obst, Gemüse, aber auch farbenprächtige Gewänder, sogar Möbel und Fernseher.
Wie haben Sie Schweitzers Wirkungsstätte erlebt?
Die vielen Eindrücke konnte ich gar nicht so schnell verarbeiten, wie sie über mich kamen. Ich saugte erst einmal alles in mich auf und kam kaum mit dem Fotografieren und Filmen nach. Wir konnten die ehemalige Wirkungsstätte des weltberühmten Arztes besichtigen, die heute ein Museum ist. Wir erfuhren, dass dank moderner Medizin die Lepra nahezu besiegt werden konnte. Heute beherbergt das neue Hospital einen Bereich für Innere Medizin und Chirurgie. Es gibt eine Kinderabteilung und eine geburtshilfliche Station. Auch ein Forschungsbereich, der sich mit den Ursachen der Malaria und ihrer Behandlung beschäftigt, gehört zum Hospital. Wir besuchten aber auch die Grundschule oberhalb des Spitals, wo die Kinder bis zur fünften Klasse lernen. Ein tolles Erlebnis war eine Flussfahrt auf dem Ogowe, dem Fluss, der einst Schweitzer zu seiner Wirkungsstätte brachte. Zur Flussfahrt gehörte der Besuch einer Missionsstation. Wir sahen für europäische Augen kuriose Gräber und kamen Pelikanen, Kormoranen, Leguanen und auch einer Flusspferdfamilie recht nahe.
Sie sprachen von Fotos und Filmmaterial. Was tun Sie damit?
Ich verfüge nach der Sichtung über dreimal 60 Minuten Filmmaterial und an die 900 Digitalbilder. Damit habe ich schon einige Vorträge gestaltet, zum Beispiel für die Kollegen im Gymnasium und vor interessierten Schülern. Einiges findet auch gelegentlich im Ethikunterricht Verwendung. Im Februar bin ich beim Museums- und Geschichtsverein zu Gast und werde über meine Reise sprechen. Mit dabei ist dann immer eine kleine Buschtrommel, die eine ganz eigene Geschichte hat. Jetzt dient sie mir als Spendensammelbüchse, deren Inhalt dem Albert-Schweitzer-Hospital zugute kommt.
Gespräch: Verena Mann
Spendenkonto: A.-Schweitzer-Komitee e.V. Weimar, Kontonummer: 2611281008, BLZ: 85090000, Dresdner Volks- und Raiffeisenbank, Verwendungszweck: Lambarene