Von Bettina Klemm
Wer A sagt, muss auch B sagen: Wer Solarstrom nutzt, sollte auch über die Speicherung der Energie nachdenken. Bei der Dresdner Solarwatt GmbH steckt diese Technik beispielsweise in einem formschönen Kasten, 78 mal 98 Zentimeter groß. Das 1993 gegründete Unternehmen hat sich nach der Branchenkrise vollständig aus der Massenproduktion von Modulzellen zurückgezogen. Unter Führung der neuen Geschäftsführer Detlef Neuhaus und Carsten Bovenschen setzt es seit 2012 auf intelligente Fotovoltaik-Gesamtsysteme. Zu dieser strategischen Neuausrichtung gehören auch die Stromspeicher für den Solarstrom. „Wir haben die Steuerungssoftware und das Know-how entwickelt. Für die eigentlichen Batteriezellen suchten wir aber einen Hersteller“, erläutert Detlef Neuhaus. Spezialisten auf diesem Gebiet sind die Südkoreaner. Schließlich wurden die Dresdner mit dem Unternehmen SK einig. „Während bei herkömmlichen Batteriesystemen Anode und Kathode durch Kunststoffschichten getrennt sind, setzt SK keramische Folien ein. Das erhöht die Sicherheit um ein Vielfaches“, erläutert Carsten Bovenschen.
Zwerg und Riese als Partner
Intensiv befördert wurden und werden die Kontakte zu den Koreanern durch Honorarkonsul Christoph Hollenders, den Solarwatt seit Jahren auch als Notar kennt. Seine langjährigen guten Beziehungen zu Südkorea auf höchster Ebene öffnen so manche Tür. SK erzielt einen Jahresumsatz von etwa 175 Milliarden Euro. Mit 70 Millionen Euro und 300 Mitarbeitern sei Solarwatt dagegen ein Zwerg. Dennoch seien die Koreaner von der Innovationskraft des mittelständigen Unternehmens fasziniert, sagt Bovenschen.
Die Zusammenarbeit zwischen Solarwatt und SK reiht sich in eine ganze Palette intensiver Beziehungen ein. „Bei den Wirtschafts- und Wissenschaftsbeziehungen ist Südkorea für Dresden ein Schwerpunktland. Viele Unternehmen und Institutionen verfügen bereits über gute Kontakte“, schätzt Robert Franke ein. Der Leiter des Amtes für Wirtschaftsbeziehungen verweist auf ein inzwischen entstandenes Netzwerk. Dazu gehören Beziehungen verschiedener Wissenschaftseinrichtungen, der Technischen Universität Dresden, des sächsischen Wirtschaftsministeriums und Kultureinrichtungen mit dem asiatischen Land. Initiiert wurde die Zusammenarbeit vor etwa einem Jahrzehnt vom damaligen Wirtschaftsbürgermeister und heutigen Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Mit der Metropolitan City Daejeon bestehen seit 2010, vertraglich vereinbart seit 2013, enge wirtschaftliche und wissenschaftliche Beziehungen. Daejeon hat zwar dreimal so viele Einwohner, aber eine ähnliche Wirtschaftsstruktur wie Dresden, sagt Oberbürgermeister Hilbert. Die TU pflegt einen Austausch mit der Seoul National University, der Postech University in Pohang und der KAIST University in Daejon und Seoul.
Es braucht lange, bis ausreichend Vertrauen zwischen den Dresdnern und den Südkoreanern entsteht. Honorarkonsul Christoph Hollenders nennt den einstigen Premierminister Kim Hwang-sik seinen Freund. Der 68-Jährige ist einer der beliebtesten Politiker im Land. Seine Beziehungen zu Deutschland reichen weit zurück: Als Schüler hatte er sich für Deutsch als Fremdsprache entschieden. 1978 studierte er ein Jahr lang in Marburg Jura. Über die Kontakte zu Kim Hwang-sik gelang es Hollenders auch, die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye nach Dresden einzuladen. „Anlässlich dieses Besuches wurde in Dresden der Koreanische Platz eingeweiht, der erste in Europa. Darauf sind die Koreaner sehr stolz“, sagt Hollenders.
In etwas weniger als zwei Wochen kann er seinen Freund erneut in Dresden begrüßen. „Es ist eine Premiere der besonderen Art: Das Alumni-Netzwerk Deutschland-Korea (ADeKo) hält seine wissenschaftliche Jahreskonferenz erstmalig in Deutschland, in Dresden, ab.“ In dem weltweit größten Netzwerk sind mehr als 5 000 Koreaner und Deutsche zusammengeschlossen. Viele Koreaner in dem Netzwerk haben einst in Deutschland studiert und geforscht, um anschließend in ihrer Heimat Karriere zu machen. Vom 16. bis 19. November laden nun Oberbürgermeister Hilbert und ADeko-Präsident Kim Hwang-sik gemeinsam zu dem internationalen Austausch beispielsweise zur Mikro- und Nanoelektronik, zum Internet der Dinge, zu selbstfahrenden Autos, zu E-Health, der elektronischen Datenverarbeitung in Sachen Gesundheit, sowie zu Start-ups. Zur Konferenz werden allein aus Korea etwa hundert hochrangige Teilnehmer nach Dresden kommen.
Fast zur selben Zeit veranstalten anlässlich der Deutsch-Koreanischen Wissenschaftskonferenz das Max-Planck-Institut für Physik der Komplexen Systeme und das Max-Planck-Postech Center for Complex Phase Materials aus Pohang einen gemeinsamen Workshop. Dresden und Pohang pflegen seit 2009 einen engen Austausch insbesondere zu Leichtbau-und Werkstoffthemen. Bei der Jugend soll der Austausch künftig noch intensiver sein: Am Mittwochnachmittag wurde an der TU Dresden der Start einer internationalen Excellence-Graduiertenschule gefeiert, an der zwölf ausgewählte Doktoranden in Dresden und Korea beschäftigt sein werden.
Türöffner Hollenders wird auch in Zukunft reichlich zu tun haben, denn die Kooperationen sind noch ausbaufähig.