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Tumult auf dem Supermarkt-Parkplatz

Wegen eines Verbrechens steht ein Lommatzscher vor Gericht. Die Verhandlung endet mit einem überraschenden Urteil.

Von Jürgen Müller
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In Lommatzsch ist was los in jener Nacht auf diesem Parkplatz. Was genau geschah, soll das Gericht nun aufklären. Foto: Gerhard Schlechte
In Lommatzsch ist was los in jener Nacht auf diesem Parkplatz. Was genau geschah, soll das Gericht nun aufklären. Foto: Gerhard Schlechte © Foto: Gerhard Schlechte

Meißen. Es ist an einem Mittwochabend im Sommer vorigen Jahres  eine knappe halbe Stunde vor Mitternacht in Lommatzsch. Normalerweise werden in der Kleinstadt um 18 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt, doch in dieser Nacht ist noch was los auf dem Parkplatz eines Supermarktes. Junge Leute geraten dort aneinander. Einer von ihnen, ein 24-jähriger Lommatzscher, sitzt nun am Dienstag vor Gericht. Räuberische Erpressung wird ihm vorgeworfen, ein Verbrechen. Deshalb ist auch das Meißner Schöffengericht zusammengetreten.

Dem Mann wird vorgeworfen, von einem anderen jungen Mann dessen Jacke gefordert zu haben. Als dieser das Kleidungsstück nicht herausgab, soll er ihm zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Der Geschädigte kann schließlich fliehen, der Angeklagte wirft ihm eine Glasflasche hinterher, trifft ihn aber nicht.

Seine Verteidigerin räumt gleich zu Beginn die Taten ein. Ihr Mandant sei stark alkoholisiert gewesen. „Die Tat entspricht nicht seinem Wesen, er ist kein Schlägertyp“, sagt die Verteidigerin. Am nächsten Tag habe er sich auch beim Geschädigten für die Tat entschuldigt. Dieser hatte bei der Tat laut Anklage eine leichte Gehirnerschütterung erlitten.

Er habe an jenem Tag fünf bis acht Flaschen Bier und eine halbe Flasche Kräuterschnaps getrunken, könne sich deshalb kaum noch an die Tat erinnern, sagt der 24-Jährige. „Ich kannte den anderen Mann nicht, weiß nicht, warum ich die Jacke haben wollte“, sagt er.

Erinnern können sich aber die Zeugen, wenn auch sehr unterschiedlich. Deren Aussagen könnten nicht gegensätzlicher sein. Seine Kumpels nehmen den Angeklagten in Schutz. „Es ist nichts passiert, niemand ist handgreiflich geworfen“, sagt eine junge Frau, die wohl zumindest eine sehr gute Bekannte des Angeklagten ist. Dieser habe zwar versucht zu schlagen, habe aber nicht getroffen, weil er viel zu betrunken war, sagt sie. Dass er eine Flasche geworfen hat, räumt sie ein, der andere sei aber viel zu weit weg gewesen. Nie im Leben habe er ihn treffen können.

Der Geschädigte stellt es ganz anders dar. Mit den Worten „Jacke her, sonst gibt es ein Problem“, habe der Angeklagte die Jacke gefordert. Er sei zweimal mit der Faust ins Gesicht geschlagen worden, als er sich weigerte, die Jacke herauszugeben. Als er weglief, habe der Angeklagte eine Flasche nach ihm geworfen und seinen Kopf knapp verfehlt. Er legt ein ärztliches Attest vor. Demnach erlitt er eine leichte Gehirnerschütterung. Die Diagnose basiert allerdings ausschließlich auf seinen eigenen Angaben, dass er Kopfschmerzen und Schwindelgefühle habe. Äußere Anzeichen wie Hämatome oder Schwellungen stellte die Ärztin hingegen nicht fest.

Die Staatsanwältin rückt von der Anklage ab. Der Vorwurf der räuberischen Erpressung habe sich nicht bestätigt. Es seien lediglich versuchter Diebstahl und versuchte Körperverletzung gewesen, sagt sie und fordert eine Geldstrafe von 1 440 Euro. Auch die Verteidigerin plädiert auf eine Geldstrafe. Das Urteil überrascht, denn der Angeklagte wird freigesprochen. „Wir wissen nicht, was vorgefallen ist, können die Situation nicht objektiv aufklären“, so der Richter. Der Angeklagte habe die Jacke haben wollen, das habe nicht geklappt. Dann habe er schlagen wollen, aber ob er getroffen habe, wisse man auch nicht. Dafür hätte der Geschädigte Hämatome haben müssen. Der Diebstahl und die Körperverletzung seien unbeendete Versuche gewesen. Dies sei ein Rücktritt vom Versuch und damit nicht strafbar.

Die Staatsanwaltschaft hatte dieses Verfahren schon einmal eingestellt. Weil der Geschädigte dagegen Beschwerde einlegte, wurde es wieder aufgenommen.

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