In Putzkau werden Falken zu Fernseh-Stars

Putzkau. Blick ins Falkennest gefällig? In Putzkau geht das seit vielen Jahren - ohne die Vögel zu stören. Per Video-Übertragung können Besucher der Kirche und des Friedhofes am Fuß des Kirchturmes zuschauen, wie die Falken ein paar Meter über ihnen erst brüten und anschließend ihre Jungen groß ziehen.
Fünf kleine Falken sind vor einigen Tagen geschlüpft, weiß Matthias Kühnel. Er wohnt gleich nebenan und beobachtet die Tiere jedes Jahr. Den Blick ins Falkennest genießt er immer wieder. "Wie ein kleines Wollknäuel" sei es, wenn die jungen Falken dicht beieinander hocken.

Turmfalken nisten seit über 20 Jahren in einer Stube des Kirchturmes. Live-Bilder aus dem Gelege kann man in einem Fenster auf der der Dresdener Straße zugewandten Südseite der Kirche sehen. Und das rund um die Uhr, wenn es hell ist. Man muss nur dicht genug ans Fenster herantreten. Ein Bewegungsmelder setzt die Technik in Gang. Innerhalb weniger Sekunden geht der Bildschirm an. Ausgeliehen und installiert wird die Technik unentgeltlich durch die Putzkauer Elektrofirma Israel.
Den exklusiven Blick ins Falkennest gibt' s allerdings nur für wenige Wochen im Jahr. Matthias Kühnel kennt den Lebensrhythmus der Vögel. Erst wenn alle Eier gelegt sind, fängt das Weibchen mit dem Brüten an. Die Brutzeit dauert etwa vier Wochen. Dann schlüpfen die Jungen. Nur weitere 28 bis 30 Tage dauert es, bis die Jungen flügge sind und ausfliegen. Damit könnte die Brutkammer im Putzkauer Kirchturm schon Mitte Juni wieder verwaist sein.
Dohlen nutzen Nistkasten, der für Eulen gedacht war
Seit vergangenem Jahr haben die Falken Nachbarn. Erstmals brütete 2019 auch ein Dohlenpaar im Putzkauer Kirchturm. Vier Vögel wurden groß. In diesem Jahr gibt es sogar zwei Dohlen-Brutstätten im Turm - ebenfalls jeweils mit vier Jungvögeln.
Eine der Brutstätten, die die Dohlen ins Beschlag genommen haben, war eigentlich für die Schleiereule gedacht, berichtet Matthias Kühnel. Die Putzkauer hatten diese Nisthilfe vor zehn Jahren zusammen mit der Fachgruppe Ornithologie des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) aus Bautzen geschaffen. Erfahrene Vogelkundler bauten dafür einen etwa einen Meter hohen Nistkasten, den sie hinter das Fenster unter der Turmuhr setzten. Dass nun statt der Eulen Dohlen eingezogen sind, ist kein Problem. Falken und Dohlen unterm gemeinsamen Kirchturmdach - das klappt.

Die Putzkauer ist eine von mehr als 600 Kirchen in Deutschland, die vom Aussterben bedrohten Vögeln eine Brutmöglichkeit geben. Denn Schleiereulen und Turmfalken nutzen Kirchtürme gern als Nistplatzersatz für natürliche Bruthöhlen in Felsen oder Bäumen. Leider gehen solche Plätze oft verloren, wenn Kirchen saniert werden. Beispielsweise wenn Einfluglöcher oder Brutnischen verschlossen oder Gitter zum Schutz gegen Tauben eingebaut werden.
Die Putzkauer Kirchgemeinde geht bewusst einen anderen Weg: Sie öffnet ihren Kirchturm für Vögel. Für die Schleiereule ließ sie sogar ein Loch ins Fensterglas bohren.
Diese Gastfreundschaft wurde vom Naturschutzbund belohnt. Gleich neben dem Bildschirm am Fuß des Turmes sieht man seit einigen Jahren eine Plakette mit der Aufschrift "Lebensraum Kirchturm".
Die Zahl der Turmfalkenpaare in Deutschland wird auf 40.000 bis 60.000 geschätzt. Damit ist hier ihre Dichte in Mitteleuropa am größten. Auch am Bahnviadukt in Putzkau werden immer wieder Turmfalken beim Brüten beobachtet.
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