Von Kathrin Krüger-Mlaouhia
Großenhain. Schaut man vom Marstall Richtung rückwärtiges Vermessungsamt, fallen einem neuerdings die beiden gewaltigen Fluchttürme auf, die hier ans Gebäude gebracht wurden. Die Stahlkonstruktionen sind der baulich geforderte zweite Rettungsweg für die Obergeschosse. Kein öffentliches mehrgeschossiges Gebäude kommt heutzutage mehr ohne aus. Denn bei Bränden oder Ähnlichem im Treppenhaus muss ein Entkommen für Menschen in den oberen Etagen gewährleistet sein.
Allerdings kosten solche Konstruktionen den Bauherren in der Regel fünfstellige Summen, inclusive Förderung. Und hinzu kommt, sie verändern das Stadtbild. Denn die allermeisten Nottreppen sind aus Metall. Man muss da nicht erst nach Dresden schauen, wo vor Jahren der moderne Treppenanbau ans historische Stadtmuseum am Pirnaischen Platz für heftige Diskussion sorgte. Der Spitzname „Affenkäfig“ sprach sich da schnell herum. Nicht überall ist dieser stählerne Rettungsweg an der Seite so gut versteckt wie am künftigen neuen Asylheim in Großenhain am Remonteplatz 10.
Kein „Affenkäfig“ an der Heinestraße
Am Kinderhaus Chladeniusstraße entstand die neue Rettungstreppe anstelle der alten an der Frontseite. Allerdings nicht mehr aus Holz, sondern aus feuerverzinktem Stahl. Die Rechnung ging zulasten der Stadt Großenhain, nicht des Trägers Lustiger Tausendfüßler. Die erste Grundschule bekommt so ein Fluchtschutz-Gestell voraussichtlich in den Innenhof hinein.
Am Landkreis-Schulgebäude in der Heinrich-Heine-Straße, einem Denkmalobjekt, genehmigte der Landkreis allerdings keinen solchen „Affenkäfig“. Hier werden nun mit großem Aufwand Durchbrüche in Unterrichtszimmern geschaffen, um den nötigen zweiten Fluchtweg herzustellen. Und das trotz zweier Treppenhäuser mit Brandschutztüren. Ganz geschickt gemacht wird der zweite Rettungsweg am neuen Kirchgemeindezentrum am Kirchplatz, wo auch der Denkmalschutz mitredet. Dort entsteht die Außentreppe in den Hinterhof des Hauses Kirchplatz 6 – und damit von außen nicht sichtbar. Am Palais Zabeltitz gab es heftiges Ringen um die dortigen Brandschutzauflagen. Die Stadt konnte nicht einfach an der Seite eine Brandschutztür einbauen, sondern musste letztlich zum Park heraus ein Fenster als Brandschutzausgang umfunktionieren, sodass die Optik der Fassade ungestört bleibt. Das zog wiederum eine komplette Umplanung der Sanitäranlage nach sich.
Herausforderung für Architekten
Der zum Brandschutz geforderte zweite Rettungsweg stellt Planer oft vor technische und architektonische Herausforderungen. Und schafft Konflikte, wie das Deutsche Achitektenblatt feststellt. Insbesondere in Bestandsgebäuden sei daher ein Zusammenwirken aller am Bau Beteiligten nötig. Es müsse ja nicht immer die klotzige Außentreppe sein. So zähle auch eine mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stelle, wobei die örtliche Feuerwehr über diese Rettungsgeräte auch verfügen müsse und zur Personenrettung z. B. über eine Rutsche keine Bedenken haben darf.