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Umfrage: Was frisst den Kamenzer auf?

Die Essgewohnheiten und das Seelenleben der Menschen gehören eng zusammen. Davon ist eine junge Autorin überzeugt - und startet jetzt ein besonderes Projekt.

Von Ina Förster
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Iryna Fingerova , Ärztin und Autorin aus Odessa, lebt bereits seit zwei Jahren in der Lessingstadt. Am 4. Oktober hat sie eine Lesung im Rahmen der Interkulturellen Woche 2020. Die Lesung findet in der Baderei statt.
Iryna Fingerova , Ärztin und Autorin aus Odessa, lebt bereits seit zwei Jahren in der Lessingstadt. Am 4. Oktober hat sie eine Lesung im Rahmen der Interkulturellen Woche 2020. Die Lesung findet in der Baderei statt. © Anne Hasselbach

Kamenz.  Iryna ist jung. Und neugierig auf diese Welt. Auch deshalb schreibt sie Bücher. Um ihre Gedanken zu ordnen und andere Menschen auf ihre Reise mitzunehmen. Mehrere davon sind bereits veröffentlicht worden. Und haben allerhand Aufmerksamkeit erregt. Zumindest schon einmal in ihrem Heimatland, der Ukraine. 

Der Kurz-Prosaband "Tamagotchi" erschien schon 2009 und "Sur-Tuk" vor vier Jahren. Ihr erster richtiger Roman "Placebo" wurde im Frühjahr 2018 vom Folio-Verlag herausgebracht. Der zweite mit dem Titel „Zamki“ erschien im Frühjahr 2020. Sowie ein illustriertes Kinderbuch auf Russisch und Ukrainisch „Kwibik". Das bedeutet so viel wie  "Der Angstfresser“ und ist sehr erfolgreich. "Meine Texte wurden auch schon  ins Ukrainische, Englische und Serbische übersetzt. Deutsche Übersetzungen erschienen  unter anderem bei Magazinen in Hamburg, Dresden oder Graz", erzählt die 27-Jährige.

Junges Ärztepaar verstärkt Kamenz und Pulsnitz

Eigentlich studierte sie Medizin, kam dann mit ihrem ebenfalls sehr jungen Ehemann über Umwege nach Deutschland. Pavlo Lopatnov arbeitet seit Längerem am Malteser Krankenhaus in Kamenz. Ein harter Weg war es bis dahin. Die junge Familie kannte hier niemanden, zog mehrfach um.  Auch Iryna Fongerova startet gerade endlich ihre Medizin-Laufbahn in einer Pulsnitzer Klinik. Bislang war sie im Mutterschutz, kümmerte sich um ihre Tochter, die der ganze Stolz des Paares ist.

Die beiden jungen Ärzte  wissen genau, dass sie hier in Deutschland eine riesige Chance geschenkt bekommen haben. Und möchten sie unbedingt nutzen. Im kleinen Kamenz fühlen sie sich mittlerweile angekommen, kennen einige Leute. Vor allem Iryna  ist viel auf den Straßen der Kleinstadt unterwegs, beobachtet Menschen, nimmt am Alltag teil. Einbringen möchte sie sich irgendwie, mehr Kontakte knüpfen und partizipieren an der Kultur und Kunstszene.

"Theater der Ohren" in Odessa mitbegründet

Früher, als sie noch in der Ukraine lebte, gründete sie dort sogar ein kleines Theater mit.  Dieses hieß  „Theater der Ohren“. Das Besondere daran? Die Vorstellungen fanden vor einem Publikum statt, dem die Augen verbunden  waren. "Wir verwendeten nur Texte von  modernen,  ukrainischen Autoren und versuchten,  die moderne ukrainische Literatur zu popularisieren", sagt sie. Das Theaterprojekt zurückzulassen, tat ihr besonders weh. Seitdem ist sie auf der Suche nach neuen Ideen, kann nicht still sitzen. Und rennt damit in Kamenz natürlich in der Kunst- und Kulturszene offene Türen ein. Zum Beispiel bei City-Managerin und Fotografin Anne Hasselbach. Mit ihr machte die junge Autorin nun erste Nägel mit Köpfen.

Am 4. Oktober nutzt sie die Möglichkeit, bei den Interkulturellen Wochen 2020 im Landkreis Bautzen aufzutreten. Diese laufen vom 27. September bis 11. Oktober auch in Kamenz. Iryna Fingerova bereitet dafür aktuell eine besondere Lesung in der Alten Baderei bei Anne Hasselbach vor. 

Kartoffelbrei und Langeweile?

"Ich würde aber gern nicht einfach nur meine Geschichten lesen, sondern ein echtes Projekt daraus machen", sagt Iryna Fingerova. "Es  ist immer interessant zu zeigen, wie literarisch das Leben ist und wie lebendig Literatur sein kann. Deswegen gibt es im Vorfeld zur Lesung eine Befragung für Kamenzer. Im Bistro Plan B.  liegen Fragebögen dazu aus. Es wäre toll, wenn sich sehr viele Interessierte daran beteiligen würden", sagt  die 27-Jährige. 

Bei den Fragen geht es aber nicht nur um die puren Essgewohnheiten der Kamenzer. Sondern auch um viel tiefgreifendere Momente:  Was isst man und wovon wird man zerfressen? Wie spiegeln unsere Essgewohnheiten unsere Probleme wider?  "Die Leute können mir so berichten, was sie gerade aktuell gegessen haben und was sie andererseits innerlich zerfrisst", erklärt Iryna. 

Wie geht das zusammen? Würstchen und unerwiderte Liebe? Kartoffelbrei und Langeweile? Erdbeertorte und Ehebruch? Die Befragung ist anonym, die interessantesten Antworten wird die junge Autorin dann am 4. Oktober lesen und dazu jeweils eine passende Geschichte aus ihrem Buch. Gemeinsam mit Jan Schaldach,  einem Dichter und Übersetzer aus Leipzig, präsentiert sie zudem an diesem Tag ein  gemeinsames bilinguales Projekt - zwei verschiedene Sprachen, Poesie und Prosa, aber nur ein Motiv: Die Sehnsucht nach dem Unaussprechlichen.

Die Lesung findet am Sonntag, dem 4. Oktober, 19 Uhr  in der Alten Baderei, Pulsnitzer Straße, in Kamenz statt. Der Fragebogen kann noch bis Mitte September im Bistro Plan B. (Bautzener Straße 33) ausgefüllt werden.

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