"Und jetzt erhöhen sie auch noch die Preise"

Thomas Lange telefoniert mit einem Anbieter für Pflegematerial. Der will ihm gerade Einwegschutzmasken für den Sonderpreis von 49 Euro pro 50-Stück-Packung verkaufen. Er knallt den Hörer auf. "Unfassbar, dieser Wucher!" Thomas Lange ist Geschäftsführer der Sozialstation Mittelherwigsdorf, die in Hörnitz und Oybin auch zwei Pflegeheime betreibt. In Vor-Corona-Zeiten hat die Packung mit 50 Einweg-Schutzmasken keine fünf Euro gekostet. An diesem Morgen wird Thomas Lange sie dann schließlich für 25 Euro bekommen.
"Es ist unglaublich, wie jetzt manche in der Krise das große Geschäft machen", sagt der Pflegeheimbetreiber. Aber eigentlich könne es ihm egal sein. "Wir dürfen die Corona-bedingten Mehraufwendungen ja bei den Pflegekassen in Rechnung stellen", sagt er mit Sarkasmus in der Stimme.
Mit den Pflegekassen und dem Geld nämlich hat Thomas Lange ein riesengroßes Problem. Und nicht nur er. Weil es Gesetze so vorgeben, steigen die Personalkosten in den Pflegeheimen immer weiter. Die Pflegekassen aber tragen diese Kostensteigerungen nicht mit. Sie bleiben einseitig an den Bewohnern hängen.
Bewohner zahlen inzwischen mehr als die Kassen
Mittlerweile ist der Anteil, den die Heimbewohner zu den Pflegekosten beisteuern, sogar größer als der, den die Kassen übernehmen. "Das kann doch alles nicht sein", sagt Lange. Und auch er muss jetzt die Zuzahlungen für sein Heim in Oybin wieder erhöhen - ob er will oder nicht. Er kann das Haus ja nicht in die Pleite wirtschaften.
In seinem Unternehmen werden die Mitarbeiter gut bezahlt - so, wie das Gesetz es will. Eine Pflegefachkraft in Vollzeit verdient bei ihm reichlich 3.000 Euro brutto. Das ist Bundesdurchschnitt. Moralisch gesehen, sagt er, ist das für die Arbeit, die eine Pflegekraft leistet, aber immer noch viel zu wenig. Aber im Kreisvergleich ist es viel. Die Löhne, die der private Heimbetreiber bezahlt, gehören in der Region zu den besten der Branche.
Und dennoch gehören die Eigenanteile in seinen Einrichtungen immer noch zu den niedrigsten. 1.240 Euro muss ein Heimbewohner in Oybin seit Januar 2018 monatlich zuzahlen. Die meisten Betreiber verlangen inzwischen mehr als 1.500 Euro Zuzahlungen pro Monat, für einige Heime schon mehr als 2.000 Euro.
Mehr als anderthalb Jahre konnte Lange die niedrige Zuzahlung in Oybin halten. Jetzt nicht mehr, sagt er. Die Preiserhöhung, die er den Bewohnern und Angehörigen Ende März angekündigt hat, hat nichts mit Corona zu tun. Lange muss sich viel anhören seitdem. "Ein Kapitalist" sei er, hat ihm ein Angehöriger kürzlich vorgeworfen. Den 47-Jährigen, der viele Jahre selbst als Pfleger gearbeitet hat, treffen solche Äußerungen. Er würde das dem Mann alles gerne erklären. Aber wer soll das denn überhaupt noch verstehen?
Schon vor über einem Jahr hat Thomas Lange den Bundesgesundheitsminister persönlich angesprochen, das zu ändern. Im vergangenen Sommer ist Jens Spahn (CDU) sogar selbst zu ihm nach Hörnitz gekommen. Geändert hat sich seitdem - nichts.
So viel kosten die Heimplätze im Raum Löbau/Zittau aktuell
Wir haben die aktuellen Preise aller Einrichtungen aus dem Raum Löbau-Zittau verglichen. Die Daten sind den Angaben aus dem AOK-Pflegenavigator entnommen, einer landesweiten Datenbank zu allen Angeboten und Einrichtungen der ambulanten und stationären Pflege. Die Daten werden nach Angaben der AOK monatlich aktualisiert. Die aufgelisteten Eigenanteile beziehen sich auf Menschen mit den Pflegegraden 2 bis 5 (alle Angaben ohne Gewähr).
Seit unserem Preisvergleich Ende Januar sind die Eigenanteile in acht Einrichtungen weiter gestiegen.
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