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Ungestörter Grenzverkehr

Die Bundespolizei zeigte sich am Montag verstärkt an Görlitzer Brücken. Kontrolliert haben die Beamten noch nicht.

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© nikolaischmidt.de

Von Ralph Schermann

Görlitzer spüren noch nichts von stärkeren Grenzkontrollen. Wie an allen Tagen rollt der Verkehr, gibt es weder an der Stadtbrücke noch an der Ludwigsdorfer Autobahn Staus. Zwar versucht die Bundesregierung seit Sonntag, mit der Wiedereinführung von Kontrollen an Binnengrenzen eine Kanalisierung des anhaltenden Flüchtlingsstromes zu erreichen, beschränkt dies vor allem aber bisher auf die Grenze zu Österreich. „Dafür greifen wir auf alle verfügbaren Einheiten und Dienststellen zurück“, bestätigt Ivo Priebe vom Bundespolizeipräsidium Potsdam.

Noch sind es Stichproben

Das wiederum betrifft auch den Kreis Görlitz. Sowohl die Ludwigsdorfer als auch die Ebersbacher Bundespolizeiinspektionen haben reichlich Personal nach München geschickt.

Trotz der komplizierten Personalsituation wird seit Montag auch an der sächsisch-tschechischen Grenze der Reiseverkehr stärker überwacht. Noch sind es keine stationären Kontrollen, sondern Stichproben. Das entspricht der Forderung von Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU), den möglichen Flüchtlings-Ausweichkorridor Slowakei – Tschechien – Sachsen zu beobachten.

Christian Meinhold von der Bundespolizeidirektion Pirna berichtet: „Es gibt dazu bisher keine alarmierenden Erkenntnisse, aber wir müssen vorbereitet sein.“ Komplexe Kontrollen an der sächsisch-polnischen Grenze seien derzeit überhaupt nicht vorgesehen. „Wir zeigen an diesen Übergängen stärker Präsenz, mehr nicht“, sagt Christian Meinhold. Für den Fall aber, dass auch an allen Brücken zwischen Hagenwerder und Bad Muskau wieder jedes Fahrzeug gestoppt werden sollte, gibt es seit dem Wochenende bereits Gespräche zwischen den Chefs der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf und der Zgorzelecer Grenzschutzabteilung.

„Ziel ist es, die mittlerweile nicht mehr steuerbare Einreise von Flüchtlingen zu begrenzen“, erklärt der Direktionssprecher. Die Festlegung wurde vom Bundesinnenministerium getroffen, was auch Görlitzer Bundes- und Landespolitiker begrüßen. MdB Thomas Jurk (SPD) findet keinen Widerspruch: „Ich gehe davon aus, dass die Bundespolizei die Lage richtig einschätzt.“ MdB Michael Kretschmer (CDU) rechnet mit länger andauernden Kontrollen und bewertet diese als Beginn einer „ehrlichen Bestandsaufnahme“.

Seiner Meinung nach „funktionieren die Regeln in der EU zum großen Teil nicht. Die Entscheidung zu Grenzkontrollen ist richtig, denn wir müssen unsere Handlungsfähigkeit wieder zurückbekommen. Wir wollen Flüchtlingen helfen, aber die Entscheidung und das Verfahren müssen in unserer Hand liegen.“

Für die AfD ist eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen überfällig. „Wir haben das schon im Wahlprogramm 2014 gefordert“, sagt der Görlitzer Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel. Für ihn bleibt jedoch die illegale Einwanderung „nur eine Facette in Sachen offener Grenzen. Eine andere sind die seit Jahren steigenden Straftaten im grenznahen Raum.“

Der Aufwand wäre enorm

Sollte es die politische Lage auch für die deutsch-polnische Grenze erfordern, wieder zu kontrollieren, dann dürfte es ähnlich ablaufen wie jüngst beim G-7-Gipfel. Dann heißt es für jedes Fahrzeug Halt, dann wird jeder Mitfahrer kontrolliert. Der Aufwand wäre enorm: Allein während der kurzzeitigen Grenzkontrollen wurden damals bundesweit 362 000 Menschen überprüft und 3 517 festgenommen.

Auch die Kontrollen auf den Bahnhöfen würden bei Erfordernis wieder aufgenommen. Ob und wann die Region bei Görlitz mit infrage kommt, ist offen. Nach Ivo Priebe richtet sich die Bundespolizei insgesamt jedenfalls „darauf ein, die Kontrollen über einen längeren Zeitraum aufrechtzuerhalten“.