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„Unschöne und teils laute Worte gefallen“

Ex-Radebeul-OB Volkmar Kunze ist der neue starke Mann für Karl-May-Stiftung und -Museum. Was er voranbringen will.

Von Peter Redlich
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Mit dem Friedensengel im Hintergrund. Volkmar Kunze hat als neuer Chef von Karl-May-Stiftung und Karl-May-Museum nicht nur zu befrieden, sondern vor allem die Zukunft des Museums auszurichten.
Mit dem Friedensengel im Hintergrund. Volkmar Kunze hat als neuer Chef von Karl-May-Stiftung und Karl-May-Museum nicht nur zu befrieden, sondern vor allem die Zukunft des Museums auszurichten. © Norbert Millauer

Radebeul. Keiner hat sich für die Neuorganisation in Karl-May-Stiftung und Karl-May-Museum so engagiert wie Radebeuls früherer Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP). Der promovierte Politologe ist neuer Vorsitzender des Stiftungsvorstandes und Geschäftsführer der Karl-May-Museum gGmbH. Und das in der seit Jahrzehnten tiefsten Krise von beiden. 

Es gab Vorwürfe des Ex-Museumschefs Christian Wacker, dass das Museum nicht modern aufgestellt sei und die Ausbaupläne nur halbherzig vorangetrieben würden. Zudem kommt Corona mit einem Besuchereinbruch und finanziellen Verlusten. Wie Volkmar Kunze vorgehen und was er tun will.

Herr Kunze, Sie haben sich eine gehörige Verantwortung aufgeladen, warum?

Wir hatten in den letzten Wochen immer wieder das Thema personelle Besetzung des Vorstandes. Viele haben gesagt, ja, wir würden mitmachen, aber nicht jetzt. Die Zahl derer, die bereit waren, Verantwortung zu übernehmen, hielt sich sehr in Grenzen. Meine Bereitschaft, Geschäftsführer der Museums gGmbH zu sein, war da, weil der jetzige Museumsleiter gesagt hat, dass er noch einiges lernen muss, wie etwa Betriebswirtschaft.

 Am Ende der Krisensitzung am 26. Juni haben sich alle angeschaut, wer denn nun der Vorsitzende im Stiftungsvorstand sein sollte. Ich habe kurz überlegt und mich dann bereit erklärt. Ich weiß, dass ich mir zweimal Haftung aufgebürdet habe und eine große Verantwortung für das Personal nach innen und die Wirkung der Stiftung nach außen.

Der neue Museumsleiter und einer der wesentlichen Kritiker des alten Stiftungsvorstandes hat gleich nach der Wahl gesagt, dass ist ein Sieg der Belegschaft. Sieg worüber?

Es gab in den letzten Wochen deutliche Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Stiftungsvorstand und Belegschaft. Wie mit bekannt wurde, sind da auch viele unschöne und teils auch laute Worte gefallen. Sodass die Belegschaft gesagt hat: Mit dem Vorstand können wir nicht mehr.

 Das Kuratorium als Aufsicht für die Stiftung hat das zur Kenntnis genommen, aber - eindeutig - nicht wegen der Belegschaft die Veränderungen herbeigeführt. Die Missstimmung war ein Teil des wichtigen Anstoßes. Auch wenn einige aus dem Vorstand ausgetreten sind, hat er insgesamt eine gute Arbeit geleistet.

Robin Leipold ist vom Kurator, dem wissenschaftlichen Mitarbeiter, zum Leiter des Museums bestimmt worden. Packt er das?

Es war eine Absprache zwischen ihm und mir, dass er gerne noch lernen möchte - deshalb ich als Geschäftsführer für alles. Ich traue es ihm zu in der Zukunft. Und deshalb hat ihn der Vorstand auch offiziell als Direktor des Karl-May-Museums ernannt. Er führt das Museum nach innen und im allgemeinen Geschäftsbetrieb nach außen.

 Ich werde auch zwei Tage wöchentlich im Museum sein, wenn erforderlich auch mehr. Vorgänger Christian Wacker hat an Strukturen einiges begonnen, was er nicht mehr vollendet hat. Das soll mit Robin Leipold zu Ende gebracht werden. Von Vorteil ist, dass wir uns schon gut kennen und Vertrauen zueinander haben. 

Ich habe Robin Leipold 2014 eingestellt. Er war vorher hier schon als Praktikant und hat über die Jahre gute und in die Zukunft gerichtete Arbeit geleistet - etwa Neugestaltungen in den Ausstellungen, wie der Pfad für Kinder und Restaurierungen an den Indianerfiguren.

Eine Holländerin ist im Team. Wie kam das zustande?

Leontine Meijer-van Mensch ist vorgeschlagen worden von Florian Schleburg, Vorsitzender der Karl-May-Gesellschaft und Mitglied des Kuratoriums. Sie wurde auch von Personen vor Ort im Museum angesprochen. 

Wir haben mit ihr erstmals eine Fachfrau aus dem Museumsbereich, die obendrein außerordentlich sympathisch ist und mit Leuten gut umgehen kann, was derzeit für die 14 Mitarbeiter im Museum auch psychologisch aufbauend ist. 

Vor allem auch als Direktorin innerhalb der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist sie eine wichtige Partnerin, die für denkbare zukünftige Kooperationen eine Rolle spielen könnte. Ich bin sehr dankbar, dass sie dabei ist.

Zum Halbjahr fehlen 10.000 Besucher im Museum. 150.000 Euro sollen damit ausgefallen sein. Wie kommt das Museum da raus? Schulden machen, um das Personal bezahlen zu können?

Der Freistaat Sachsen hat ein Wirtschaftsprogramm nach Corona verkündet. Wir sind in Kontakt mit Wirtschaftsminister Martin Dulig. Die gGmbH ist ein Wirtschaftsbetrieb im Sinne der Förderrichtlinie. Und wir können sehr gut anhand der langjährigen Zahlen nachweisen, welche Verluste eingetreten sind und hoffen, dass wir den Defizitbetrag vom Freistaat bekommen.

Was sind die nächsten Schritte, die Stiftung und Museum in den folgenden Monaten gehen müssen?

Oberüberschrift sind erstens die Finanzen. Zweitens: das Museumsteam festigen. Es ist das wichtigste Kapital, das wir haben und welches mit der persönlichen Wirkung nach außen Besucher bringt. Es gibt drittens den Sachstandsbericht des wissenschaftlichen Beirats, den die Professoren Kuße und Bürger ausgearbeitet haben. 

Mit zum Beispiel zu Fragen der inhaltlichen Ausrichtung. Da gibt es viele Elemente, über die geredet werden sollte. Es wird also dieses Jahr noch mindestens einen Workshop geben. Bis Jahresende bzw. bis Anfang 2021 wollen wir Abwägungen aus stiftungsrechtlicher- und steuerrechtlicher Sicht für modernisierte Strukturen abgeschlossen haben.

 Das wird keine Revolution sein, die alles ändert, weil auch das Stiftungsrecht klare Vorgaben macht.

Der große Neubauplan an der Meißner Straße - zehn Millionen Euro teuer - wird der jetzt begraben?

Das ist im Moment keine vorrangige Angelegenheit. Wir wissen, dass wir am Bereich Empfang arbeiten müssen. Es gibt Optionen für die Förderung seitens des Bundes. Aber für den großen Neubau brauchen wir auch nicht wenige Eigenmittel. Und da stehen wir ganz am Anfang.

Es gab, auch schon im Stadtrat, Vorschläge, alles Neue eine Nummer kleiner zu planen. Gastronomie im Areal professioneller anlegen. Die Villa Bärenfett sanieren. Mehr Veranstaltungen, aber vorerst keinen Neubau. Ist das der Weg?

Würde ich so nicht sagen. Unter meiner Verantwortung 2008 gab es ja schon das erste Projekt. Damals lagen die Kosten für ein neues Empfangsgebäude und die innere Gestaltung bei 3,2 Millionen Euro. Das ist eine völlig andere Größenordnung. Ich halte es für geboten, dass der Empfang der Besucher künftig von der Meißner Straße her geschehen sollte. 

Ich stehe also schon dazu, dass an dieser Stelle etwas getan wird. Zumal das Grundstück Schildenstraße 1 der Stiftung gehört. Was es sein wird, darüber werden wir uns noch besprechen müssen. Nicht zuletzt wird das ein Ergebnis der Zukunftsausrichtung des Museums im Ergebnis der Workshops sein können - Inhalte gehen vor Bauwerken.

Die Stadt und der Stadtrat haben beschlossen, das Grundstück der Aral-Tankstelle zu kaufen, um die Pläne zu unterstützen.Die Unterstützung der Stadt ist da. Dr. Jörg Müller, der Erste Bürgermeister, als Verantwortlicher für die Radebeuler Sanierungsgebiete, wozu der Museumsbereich bis hin zur Lutherkirche gehört, ist als Mitglied des Stiftungsvorstandes gewählt worden. Er ist mein Stellvertreter. Und Oberbürgermeister Bert Wendsche ist Mitglied im Kuratorium. 

Damit ist die Stadt komplett mit im Boot für weitere Entwicklungen. Ohne die Stadt werden wir nur wenig bewegen können.

Es gibt das Modell, vorgeschlagen von den Professoren Kuße und Bürger, Anteile des Museums abzugeben und damit Geld und Kraft mit reinzuholen. Was halten Sie davon?

Gesellschaftsrechtlich klingt das gut. Ist so aber nicht denkbar. Denn die Karl-May-Museum gGmbH ist eine Gesellschaft mit 25.000 Euro Einlage. Was will ich da irgendwo abgeben. Die Frage wäre, ob sich der Freistaat und die Stadt Radebeul beteiligen wollen und gemeinsam noch einmal die Geschäftsanteile auf 49.500 Euro erhöhen.

 Aber letztlich muss die Stiftung die Mehrheit behalten. Das hängt mit der Erhaltung des Stiftungsvermögens zusammen. Gewinne wird niemand bekommen, da die Stiftung ja gemeinnützig ist. 

Es wäre eine moralische Beteiligung und natürlich ein Türöffner für mehr Vertrauen, welches Stadt und Freistaat in die Museumsentwicklung haben können. Damit dürfen Stadt und Freistaat auch die Zukunftsprojekte stärker unterstützen.

Wo sollte das Museum in drei Jahren stehen?

Dann möchte ich Klarheit haben, welches Projekt wir bauen können. Ideal wäre, wenn wir das Geld dafür hätten. Und dass Kuratorium, Vorstand und Museumsteam in einer Sprache Botschaften in die Welt senden.

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