SZ +
Merken

Unternehmer kommt Ossietzky ins Gehege

Christoph Lüders ist ein klingender Name in Görlitz. Gleich zwei Schulen haben sich darum bemüht, den Namen des Waggonbau-Pioniers zu tragen. Doch das Berufsschulzentrum für Technik änderte seinen Willen – auf Drängen des Oberbürgermeisters.

Teilen
Folgen

Von Frank Seibel

Für Oberbürgermeister Rolf Karbaum (parteilos) ist die Sache ziemlich klar. Eine Schule, die in den 70er und 80er Jahren einmal den Namen Carl von Ossietzkys getragen hat und heute noch an der Ossietzkystraße liegt, kann heute gar nicht anders heißen. So hat Karbaum das 1998 gesagt und auch 1999, als die beiden Teile des Berufsschulkomplexes südlich der Bahnlinie in zwei Etappen eingeweiht wurden. Damals wünschte sich der OB, dass der noch namenlose Komplex bald wieder den Namen des ersten und einzigen Friedensnobelpreisträgers aus Görlitz erhalten sollte.

Diese Idee hat bis heute niemand aufgegriffen. Stattdessen haben sich die Lehrer des technischen Teils dieser Schule im vorigen Jahr auf die Suche gemacht nach einer Görlitzer Persönlichkeit, die gut zu ihrer Schule passen könnte. Richard Raupach tauchte auf der Liste auf, der Begründer der Kema; Scheller, der Begründer der Landskronbrauerei – und Johann Christoph Lüders, der Mann, der 1849 den Waggonbau in Görlitz gegründet hat. „Letztlich sind wir bei Lüders gelandet“, sagt Reinhard Saling, der Direktor der Berufsschule für Technik. Nicht zuletzt, weil sein Unternehmen heute noch internationalen Ruf besitzt.

Entsprechend erfreut waren die Nachfahren des alten Pioniers, Wolf-Peter und Erika Lüders. Vor zweieinhalb Jahren sind sie, nach Jahrzehnten im Nordwesten Deutschlands, in die Stadt ihrer Kindheit zurückgekehrt. Und Wolf-Peter Lüders erinnerte die Stadtverwaltung schon sehr frühzeitig daran, dass sich in diesem Jahr der Geburtstag von Johann Christoph zum 200. Mal jährt.

Die Spitze der Verwaltung hat nun aber ein anderes Objekt für die Ehrung ausgesucht. Man könne den Namen Ossietzkys nicht beim Berufsschulzentrum streichen, bekräftigt OB Rolf Karbaum, der sogar einen politischen Skandal fürchtet. Er freut sich vielmehr, dass auch die Leitung der Grundschule in der Schulstraße auch stolz auf den Namen Lüders wäre. Noch vor dem Lüders-Geburtstag im Juli soll die Namensgebung durch den Stadtrat abgesegnet werden.

Wolf-Peter Lüders allerdings findet die Idee nicht sonderlich einleuchtend. Eine technische Berufsschule habe doch wesentlich mehr mit dem Wirken seines Ahnen zu tun als eine Grundschule, findet er. Das finden zwar auch die Lehrer und Leiter der Berufsschule. Aber sie haben sich den Argumenten des Oberbürgermeisters gefügt und beharren nicht mehr auf „Lüders“. Nach Ossietzky wollen sie ihre Schule aber auch nicht benennen. „Was hat Ossietzky mit einer Berufsschule zu tun“, fragt sich Schulleiter Saling. So bleibt die Schule namenlos, und die Grundschule in der Schulstraße hofft auf Lüders.