Weißwasser. Schneebedeckte Gipfel, tiefe Schluchten, tosende Brandungen und atemberaubende Aussichten, all dies kann der Unesco-Global-Geopark Muskauer Faltenbogen seinen Besuchern nicht bieten. Warum begeben sich aber zunehmend Menschen auf beiden Seiten der Neiße auf den Weg, um diese Landschaft kennenzulernen und für sich zu erschließen? Was treibt sie an, um mitunter Dutzende Kilometer auf Schusters Rappen und mit dem Drahtesel auf den einzelnen Routen durch den Geopark zurückzulegen?
Bilanz 2018 und Ausblick auf 2019
Während der Eröffnung der neuen Saison im Geopark Muskauer Faltenbogen in der Alten Ziegelei in Klein Kölzig zwischen Döbern und Forst gehen Nancy Sauer, die Leiterin der Geschäftsstelle des Geoparks in Döbern, sowie ihre Mitstreiter diesen Fragen am Freitagnachmittag auf den Grund. „Der Geopark steht für eine starke Kraft in der Region. Er vereint Akteure und Besucher unterschiedlicher Herkunft sowie Interessen und er bringt die Menschen beiderseits der Neiße zusammen,“ führt Nancy Sauer in ihren Darlegungen zur derzeitigen Situation aus. Ein Beleg für die wachsende Beliebtheit und zunehmende Anziehungskraft dieser Landschaft sind ohne Zweifel die steigenden Zahlen derer, die auf ausgewiesenen Pfaden im Geopark unterwegs sind. 33 750 Besuchern im Jahr 2017 stehen immerhin 43 350 entgegen, die im letzten Jahr gezählt werden konnten. Die Altbergbautour sowie die Glastour haben sich dabei als Favoriten erwiesen. Die Vernetzung mit dem Neißeradweg sowie den Radwegen im benachbarten Südbrandenburg veranlasst die Pedalritter, ebenfalls eine oder mehrere der insgesamt neun Entdeckertouren in Angriff zu nehmen. Auf den Spuren der sagenhaften Drachen sind allein im letzten Jahr über 1 000 Wanderer unterwegs gewesen, von denen sich 842 im Gipfelbuch auf dem Drachenberg bei Krauschwitz verewigt haben. Zunehmend werden auch die verschiedenen thematischen Vorträge in Anspruch genommen. Von 194 Teilnehmern 2017 stieg die Zahl auf 495 im letzten Jahr.
In den kommenden Monaten ragen insbesondere solche Veranstaltungen wie das Anradeln am 27. April von Weißwasser nach Siedlec, die 7. Deutsche Meisterschaft im Drachengolf in Krauschwitz am 1. Mai, der Internationale Museumstag in Forst und Sagar am 19. Mai sowie die Europäischen Geoparkwochen vom 25. Mai bis zum 16. Juni mit zahlreichen Veranstaltungen beiderseits der Neiße heraus.
Geopark mit der Kamera erkunden
Wer mit offenen Augen und Kamera im Geopark unterwegs ist, dem eröffnet sich immer wieder ein Motiv, das es festzuhalten gilt. 27 vorwiegend Hobbyfotografen haben dies im letzten Jahr beherzigt. 70 Fotos, die sie für den Wettbewerb unter der Thematik „Begegnungen im Unesco Global Geopark“ einreichten, spiegeln die Vielfalt und die Schönheit der Landschaft eindrucksvoll wieder. Den 1. Preis erkennt die deutsch-polnische Jury Daniel Hillebrand aus Cottbus für seine gelungene Aufnahme eines Knüppeldammes bei Friedrichshain, zu. In diesem Jahr sind alle Fotobegeisterten nun erneut aufgerufen , ihre Schnappschüsse oder gestalteten Aufnahmen unter dem Motto „Auf dem Fahrrad durch den Geopark“einzureichen. Dieser Wettbewerb wird bis zum April 2020 geführt.
Auf gläsernen Spuren in Weißwasser
Christine Lehmann, Mitglied im Förderverein des Glasmuseums in Weißwasser, stellt in ihrem Beitrag das Projekt „Uncover – Glasindustriegeschichte neu entdecken“ vor. „Bisher liegt im Glasmuseum sowie in den Ausstellungen der Schwerpunkt auf die Vorstellung sowie die Bewahrung der Glaskunst sowie ihrer Schöpfer. Doch über die Glasindustrie mit ihren Fabriken und deren Geschichte ist bisher zu wenig bekannt.“ An elf Standorten wurde einst in Weißwasser Glas hergestellt. Um 1920 konnte die Kommune mit Fug und Recht den Titel größte glasproduzierende Stadt in der Welt für sich in Anspruch nehmen. Heute ist von den ursprünglichen Standorten mit Stölzle Lausitz nur noch ein Betrieb vorhanden. Die meisten anderen sind inzwischen ganz von der Bildfläche verschwunden oder nur noch teilweise präsent. Um die Erinnerung an diese Traditionen insbesondere in der jüngeren Generation wachzuhalten, ist zum einen die Erweiterung der Ausstellung im Glasmuseum um dieses wichtige Kapitel geplant und zum anderen soll eine Route durch die Geschichte der Glasindustrie entstehen. Die Mitarbeit der Stadt Weißwasser im Modellvorhaben „Baukultur und Tourismus“, das über drei Jahre eine Verbindung zwischen dem industriellen Erbe und der Entwicklung des Tourismus hergestellt hat, erweist sich nun für die weitere konzeptionelle Arbeit als eine sehr gute Grundlage. Mit einem Ganztagesangebot für die Schüler der 8. und 9. Klassen konnten erste junge Mitstreiter gewonnen werden. Lukas Klose, ein Student der TU Dresden, und sein Betreuer Benjamin Rusig entwickeln dazu ein Angebot mit dem durch optisch historische Fotoaufnahmen an den ehemaligen Standorten der Glasindustrie in das Bild der Gegenwart eingefügt werden.